Frage an Lars Holster von Elke D. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Holster,
ich möchte von ihnen wissen, warum es in Hamburg möglich ist, dass Schüler mit Lese- Rechtschreibschwierigkeiten in der Schule so wenig gefördert werden (1 Förderstd.), dass es ausreicht, besser zu sein als die schlechtesten 5%, um keine zusätzliche Förderung zu erhalten. Ich kenne einen Schüler, der in den ersten 5 Schuljahren stets gerade über diesen 5% lag und selten mehr als eine Förderstunde pro Woche bekam. Dessen Eltern versucht haben zuhause zu fördern, Ärzte aufsuchten und bei der Schulbehörde um bessere Förderung gebeten haben (wurde aus finanziellen Gründen abgelehnt). Nun - in der 6. Klasse, ist der Schüler bei der Hamburger Schreibprobe unter die 5% gerutscht und bekommt eine zusätzliche Förderung - falls der Antrag bewilligt wird. Da so eine außerunterrichtliche Lernförderung nur bis zum Ende der 6, Klasse vorgesehen ist, kann dieser Schüler die restlichen Schuljahre ohne zusätzliche Förderung verbringen. Er schreibt nahezu jedes Wort fehlerhaft und hat kaum noch Selbstbewusstsein . Man muss nicht viel Fantasie haben, um zu ahnen, dass dieser Junge wahrscheinlich keinen Schulabschluss erreicht - trotz überdurchschnittlicher Intelligenz und bildungsnahem Elternhaus. Ist es noch gängige Praxis, dass Grundschulen die Mittel für Förderunterricht zweckentfremden (z.B. für Vertretungsunterricht)? Warum verwehrt man solchen Kindern ihre Chance auf Bildung? Herzlichen Dank im voraus
Sehr geehrte Frau Dähnert,
vielen Dank für Ihre Frage an mich und vor allem für ihrEngagement, welches aus Ihrer Frage deutlich wird.
Grundsätzlich gilt, dass Kinder in Hamburgselbstverständlich Förderunterricht erhalten, wenn sie diesen benötigen. Diesgilt ganz generell für förderbedürftige Schülerinnen und Schüler in Hamburg.
Der Fall, den Sie ansprechen, ist allerdings ein besonderer:An dieser Stelle geht es um außerunterrichtliche Lernhilfen (AUL) für Kindermit Legasthenie und Dyskalkulie. Ich gehe sehr stark davon aus, dass derangesprochene Schüler von Legasthenie betroffen ist, dafür sprechen eindeutigdie großen Probleme bei der Rechtschreibung, bei dem beschriebenen sonst guten,überdurchschnittlichen Leistungsvermögen.
Derartige außerunterrichtliche Lernhilfen gewährt die Stadt Hamburg freiwillig.Auf sie besteht kein Rechtsanspruch. Sie können nur unter speziellen Voraussetzungengewährt werden, nämlich dann, wenn die Leistungen in der von Ihnenangesprochenen „Hamburger Schreibprobe“ entsprechend gering ist undgleichzeitig kein anderweitiger „sonderpädagogischer Förderbedarf Lernen“vorliegt (nach Ihrer Beschreibung gehe ich davon aus, dass im Fall desbetroffenen Schülers keine weiterer „Sonderpädagogischer Förderbedarf Lernen“ besteht).
Diese außerunterrichtlichen Lernhilfen können nur in dem begrenztenUmfang gewährt werden, in dem Mittel zur Verfügung stehen. Dies hat zur Folge,dass der entsprechende Förderbedarf entsprechend sorgfältig geprüft werdenmuss, was in Hamburg durch die „Hamburger Schreibprobe“ geschieht.
In der Tat haben Sie recht, dass dieser theoretische Anspruch auf AUL nach der Klasse 6 wegfällt. Allerdings wird der betroffeneSchüler sicherlich weiterhin von den schulischen Förderangeboten unterstütztwerden können.
Sofern der betroffene Schüler nachgewiesen von Legasthenie betroffen ist,besteht außerdem die Möglichkeit des sogenannten „Nachteilsausgleich“. Dieser kann beispielsweise dafür sorgen, dassRechtschreibfehler entsprechend keine Auswirkung auf die Noten in Arbeiten undKlausuren haben oder den Einsatz zusätzlicher Hilfestellung ermöglichen.
Abschließend möchte ich noch auf einen weiteren Aspekt IhrerFrage eingehen: Sie äußern die Befürchtung, dass Mittel für Förderunterrichtvon Schulen z.B. für Vertretungsunterricht zweckentfremdet werden könnte.Diesbezüglich kann ich Ihnen versichern, dass für Förderunterricht vorgeseheneMittel keinesfalls anderweitig verwendet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Holster