Frage an Lale Akgün von Claudia K. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Akgün,
zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich auf diesem Wege den Fragen der Bürger stellen. Wie ich feststelle, ist der Abgeordnete der CDU hier leider nicht vertreten.
Meine Frage bezieht sich auf die Katastrophe von Köln. Das eingestürzte Stadtarchiv und die zwei getöteten jungen Männer sind nur die Spitze des Eisberges.
Der besonders in Köln gezüchtete Klüngel, durch den immer wieder wenig qualifizierte Männer in entscheidende Positionen kommen und Millionen und Milliarden Gelder für Projekte verschwenden, die die Bürger nicht brauchen und nicht wollen, muss doch irgendwann einmal ein Ende haben! Ich erlebe viele fassungslose und schockierte Bürger, die entsetzt sind über ihren OB, der sich hilflos von einem Interview zum nächsten hangelt und jede Verantwortung von sich schiebt.
Sie sind erschüttert über so viel Klüngel und Dummheit und wollen, dass die Verantwortlichen endlich ihrer Posten enthoben werden.
Ich möchte endlich in einer Stadt leben, die im 21. Jahrhundert angekommen ist und nicht in mittelalterlichem Pöstchengeschacher und Skandalen um KVB, Köln-Messe oder Stadtsparkasse versinkt. Diese Stadt hat tolle Menschen, die sich engagieren und mit Herz und Verstand bei der Sache sind, nur denen wird die Teilnahme am öffentlichen Leben vergällt, wenn nur alte Männer in irgendwelchen Karnevalsvereinen die Strippen ziehen. Wir sind wütend, es brodelt in der Südstadt und auch anderswo.
Und viele stellen sich die Frage, was sie wohl wählen sollen bei der nahenden Kommunalwahl. Ich fürchte, dass Nazi-Vereine wie Pro Köln von diesem Chaos profitieren werden. Meine Frage deshalb: Was können Sie gegen den kölschen Klüngel unternehmen, was planen Sie konkret und wie können die Bürger der Stadt gegen so viel Ignoranz vorgehen?
Herzliche Grüße und vielen Dank für die Beantwortung.
Claudia Karstein
Sehr geehrte Frau Karstein,
ich bin ebenso bestürzt und entsetzt wegen des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs und der Begleitumstände, die erst nach und nach ans Licht kommen.
Die Katastrophe hat zwei Menschen das Leben gekostet. Und sie ruiniert das Image Kölns, das sich (wieder einmal) vorwerfen lassen muss, durch Chaos und Missmanagement in der Verwaltung, Klüngelwirtschaft und eine "et hät noch immer joot jejange" Haltung eine solche Katastrophe fast schon heraufbeschworen zu haben.
Ich denke, dass die Toleranzbereitschaft der Kölner gegenüber diesen Untugenden jetzt ausgereizt ist. Wenn es überhaupt etwas "gutes" an der jetzigen Situation gibt, dann ist es die überall zu spürende Bereitschaft der Kölner, Solidarität miteinander zu üben und gleichzeitig den "Verantwortlichen" unnachgiebig auf die Finger zu sehen.
Wenn sie die anstehende Kommunalwahl ansprechen, möchte ich darauf antworten: ich hoffe nicht, dass Nazi-Vereine wie Braun Köln von der Situation profitieren werden. Ich glaube es auch nicht. Ich bin bei meinen vielen Gesprächen im Wahlkreis jedenfalls noch keinem Bürger begegnet, der dieser kleinen Truppe ewiggestriger Menschenfeinde zutrauen würde, Köln gut und effektiv zu regieren.
Ich glaube aber, dass es das ist, was Köln jetzt braucht und was sich die Menschen auch wünschen: eine Stadtspitze, die nicht auf laute Worte setzt, sondern dafür sorgt, dass diese Verwaltung effektiv, kompetent und vor allem transparent arbeitet. Jürgen Roters hat in zwei großen Verwaltungen (Polizei- und Regierungspräsidium) bewiesen, dass genau das seine Qualifikation ist. Ich muss daher, unabhängig von der Frage des Parteibuchs, keinen Moment überlegen, wem ich meine Stimme bei der Kommunalwahl geben werde.
Dies alles sind natürlich kommunale Themen, bei denen ich als Bundestagsabgeordnete keine Entscheidungskompetenz habe.
Nach meiner Auffassung muss die Katastrophe von Köln aber auch Auswirkungen auf Politik und Verwaltungshandeln haben, die weit über Köln hinausgehen.
Denn die Ursachen des Unglücks sind nicht nur in Köln zu suchen.
Meines Erachtens wird es Zeit, über das Verhältnis von öffentlichen und privaten Aufgaben neu nachzudenken. Das bisherige Mantra "privat vor Staat" muss hinterfragt werden.
Es kann nicht der Sicherheit und dem Erfolg von Projekten dienen, wenn öffentliche Infrastruktur immer mehr in die Hände von Privatfirmen gelangt und ihnen dann auch noch (wie beim U-Bahn-Bau offensichtlich geschehen) die Kontrolle über sich selbst übertragen wird.
Hier müssen in Zukunft die Kommunen wieder mehr selbst Verantwortung tragen, zumindest bei der Aufsicht und Begutachtung solcher Großprojekte.
Und wenn nötig, müssen Land, Bund und die EU auch Ausschreibungs- und Wettbewerbsregeln verbessern, um die Kommunen in die Lage zu versetzen, diese Verantwortung auszuüben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Lale Akgün