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Frage von Gerrit K. •

Frage an Lale Akgün von Gerrit K. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Dr. Akgün, in der ZEIT Nr. 44 vom 23.10.2008 findet sich ein Beitrag von der Rechtsanwältin Seyran Ates zum Thema Zwangsheiraten ("Die Ehe als Waffe"). Darin wird behauptet, daß ein Gesetzentwurf zur strafrechtlichen Ahndung von Zwangsheiraten seit einigen Jahren in Berlin "schmort", daß Parlament und Justizministerium bislang wenig oder kein Interesse zeigten, die Zwangsheirat als Straftatbestand zu verankern.
Stimmt diese Behauptung, und falls ja, warum bewegt sich da nichts? In den letzten Absätzen des Beitrags von Frau Ates wird es recht polemisch, indem sie behauptet, es seien Multikulti-Beschwichtiger in den Ministerien, die eine gesetzliche Regelung verhindern würden. Welche Meinung haben Sie zu diesem Komplex ?
Mit freundlichen Grüßen,
Gerrit Kamphuis

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kamphuis,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich verurteile Zwangsheiraten als besondere Form der Nötigung genauso wie die SPD Bundestagsfraktion.

Das Land Baden Württemberg hat im Jahr 2004 eine Gesetzesinitiative zur Bekämpfung von Zwangsheirat eingebracht- ich denke, dass die Aussage von Frau Ates, auf die sie zitieren, sich auf diese Initiative bezieht.

In diesem Gesetzesentwurf ist ein gesonderter Straftatbestand Zwangsheirat vorgesehen.

Die SPD Fraktion im Deutschen Bundestag ist der Meinung, dass es eines solchen gesonderten Straftatbestandes nicht Bedarf. Bereits jetzt sind Zwangsheiraten unter dem Tatbestand der Nötigung Straftaten und werden auch bereits als solche geahndet.

Ein Zwangsheirats-Paragraph würde daher nichts an der Situation der jungen Frauen und Männer, die durch Zwangsheiraten in Not geraten sind, ändern. Vor allem wird dadurch keine einzige Zwangsheirat verhindert- denn wie gesagt: strafbar sind Zwangsheiraten jetzt schon. Ich denke daher, dass zur Bekämpfung von Zwangsheiraten andere Wege beschritten werden müssen.

Vor allem muss das Beratungsangebot für Frauen und Männer, die von Zwangsheirat betroffen oder bedroht sind, ausgebaut werden. Leider ist zurzeit jedoch eine gegenläufige Tendenz zu beobachten: in Berlin zum Beispiel sollen die Mittel für entsprechende Beratungsstellen gekürzt werden. Dieser Trend muss gestoppt und stattdessen das Beratungsangebot weiter ausgebaut werden.

Außerdem tut Aufklärung, in der deutschen, insbesondere aber auch der türkischen Presse Not.

Und schließlich müssen junge Frauen und Männer im Fall einer Zwangsverheiratung ins Ausland, meist die Türkei, zurückkehren zu können. Nach derzeitiger Gesetzeslage können sie dies nur in einem Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach der Ausreise. Diesen Zeitraum erachten alle Experten als viel zu kurz.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Lale Akgün