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Lale Akgün
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Frage von Georg W. •

Frage an Lale Akgün von Georg W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Akgün,
sie fordern einerseits, dass Muslime in Deutschland akzeptiert werden müssen und andererseits, dass der Islam sich ändern müsse zu einer Religion, die - wie in Deutschland üblich - eine reine Privatangelegenheit sei.
Religion ist jedoch in Deutschland keine reine Privatangelegenheit. Die Beispiele dafür sind vielfältig: Beispielsweise heißt eine der beiden großen Volksparteien "Christlich Demokratische Union".
Es gibt Religionsunterricht an den Schulen, der unter staatlicher Aufsicht stattfindet und deren Unterrichtsinhalte in gemeinsamen Kommissionen unter Beteiligung der jeweiligen Kirchen erarbeitet werden. Durchgeführt wird dieser Religionsunterricht von Religionslehrern, die der jeweiligen Konfession angehören und die entsprechend ausgebildet sind.
Es gibt gesetzliche christliche Feiertage und der Wochenrhythmus mit dem freien Sonntag ist ebenfalls christlichen Ursprungs.
Auf Ihrer SPD-Homepage fordern Sie Gleichberechtigung für Muslime und sie erläutern dazu:
"Dazu gehört auch die Unterordnung unter das Machtmonopol des Staates, unter das Grundgesetz. Denn erst dadurch wird Religion zu der Privatsache, die sie in unserem Land nun einmal ist."
Religion wird jedoch nicht dadurch zur Privatsache, dass die Angehörigen einer Religionsgemeinschaft sich dem Machtmonopol des Staates unterordnen. Vielmehr ist der Staat darauf angewiesen, dass verlässliche Institutionen als Ansprechpartner für die Angehörigen der Religionsgemeinschaften bereit sind, das Zusammenleben verschiedener Religionsgemeinschaften in Deutschland mitzugestalten. Das Vorhandensein einer solcher Institutionen setzt jedoch vorraus, das Religion keine reine Privatsache ist, sondern auch einen institutionellen Charakter hat.
Welche institutionellen Formen des Islam in Deutschland sehen Sie als einen solchen Ansprechpartner für den deutschen Staat?

Portrait von Lale Akgün
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weil,

danke für Ihre Frage.

Sie haben natürlich recht, dass es in Deutschland eine starke Verschränkung von Kirche und Staat gibt, die andere, laizistische Länder so nicht kennen. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn wir eine klare Trennung hätten, aber dem ist nun einmal nicht so.

Und hier sind wir dann auch am Knackpunkt: Wer soll der muslimische Ansprechpartner für den deutschen Staat sein? Ich habe ein Problem damit, dass sich nun einzelne Verbände aufschwingen, die einzige Vertretung der Muslime zu sein. Der Islam kennt keine Kirchenstrukturen, also sollte man auch nicht danach rufen.

Mir scheint, diese Frage benötigt noch Zeit, bis sich eine Antwort ergibt. Im Koordinierungsrat der Muslime sind vor allem konservative Kräfte organisiert. Und andere Vereine und Organisationen hängen mit islamischen Vereinigungen im Ausland zusammen. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass sich auch die liberalen Muslime mehr als bisher organisieren und ihre Stimme lauter werden lassen.

Mit freundlichen Grüßen,
Lale Akgün