Frage an Lale Akgün von Monika W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Akgün,
über Ihre Einlassung auf den Vorschlag von Christian Wulff, Moslems sollten Islamisten zur Anzeige bringen, bin ich etwas verwundert. Um ein Haar und nur wegen technischer Mängel sind wir im vergangenen Juli einem Kofferbombenanschlag entgangen; erst vor wenigen Tagen wurden drei junge Männer bei der Vorbereitung eines Anschlag verhaftet - und uns allen ist klar, daß dies nur die Spitze des Eisbergs ist.
Nicht alle Terroristen sind Moslems, aber überdurchschnittlich viele Terroristen sind Moslems.
Wäre es da nicht wirklich angebrachter, die Moslems wären in ihren eigenen Reihen kooperativer, um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, - vor allem im Sinne eines friedvollen Zusammenlebens in unserem Land, an dem doch auch sicherlich diese Bevölkerungsgruppe ein vitales Interesse hat?
Meiner Ansicht nach wären vor allem Abgeordnete wie Sie geeignet, solche Bestrebungen bzw. Denkanstöße zu unterstützen und bitte höflich um diesbezügliche Rückäußerung.
Sehr geehrte Frau Wacht,
meine Meinung deckt sich vollkommen mit der unserer Bundesjustizministerin, Frau Zypries. Ich weise darauf hin, dass es bereits Bürgerpflicht und geltendes Recht ist, bei Bekanntwerden einer schweren Straftat, ihrer Vorbereitung oder Unterstützung, die Polizei zu informieren.
Zu diesen schweren Straftaten gehört unzweifelhaft die Planung, Vorbereitung und Unterstützung eines Terroranschlags. Wenn jemand davon Kenntnis bekommt, ist es natürlich die Pflicht (und das Eigeninteresse) der muslimischen wie aller Bürgerinnen und Bürger, die Strafverfolgungsbehörden zu informieren, um das Leben Menschen zu schützen.
In dieser Frage dürfte es eigentlich keinen Dissens geben. Wenn Herr Bouffier aber dazu auffordert, „Islamisten“ zu melden, ohne zu definieren, was er damit meint, ist das in der Tat eine Generalaufforderung zum denunzieren. Er spricht ja offensichtlich nicht von den Gewalttätern, für die es ja (s.o.) klare Gesetze gibt. Der Islamismus ist eine Ideologie, die, ebenso wie Kommunismus, Neofaschismus etc. ein totalitäres System anstrebt, das sicher nicht mit unserer demokratischen Verfassung zu vereinbaren ist. Eine Straftat ergibt sich aber erst dann, wenn jemand aktiv gegen unseren Rechtsstaat handelt, und in diesem Bereich leistet unser Verfassungsschutz meiner Kenntnis nach hervorragende Arbeit.
Die Gedanken an sich sind aber nicht strafbar, und das ist auch gut so. Und wir sollten erst recht nicht zulassen, dass Menschen in Polizeiakten vermerkt werden, weil sie von anderen unter Verdacht gestellt werden, Extremisten zu sein. Wenn wir so handeln würden, würden wir den demokratischen Rechtsstaat, den wir gegen Extremisten verteidigen müssen, selbst zu Grabe tragen.
Zivilcourage zu beweisen heißt für mich nicht, andere unter Verdacht zu stellen, sondern offensiv für unsere freiheitliche – demokratische Grundordnung einzutreten und zu werben, auch und gerade gegenüber denjenigen, die unserer Werteordnung ablehnend gegenüberstehen, ohne gewaltbereit zu sein. Ein solch offensives Eintreten für unseren Rechtsstaat verlangt jedoch der Glaubwürdigkeit willen, dass wir allen Bürgerinnen und Bürgern die uneingeschränkte Teilhabe an diesem Rechtsstaat zugestehen und sie als Bürger dieses Staates anerkennen. Dazu gehört auch, dass wir aufhören, Menschen unter Generalverdacht zu stellen, weil sie einer bestimmten Religion angehören.