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Frage von Georg K. •

Frage an Lale Akgün von Georg K. bezüglich Recht

Wenn Herr Wulff Muslime auffordert, Islamisten zu melden, bittet er sie darum künftige Straftäter bekannt zu machen. Mir ist nicht klar, wie Sie hier den negativ bersetzten Begriff des Denunziantentums verwenden können. Auch Ihr Zorn ist mir nicht begreiflich. Unsere Strafverfolgungsbehörden sind nun mal auf die Mitwirkung der Bevölkerung angewiesen. Sonst sind halt Erfolge im Vorfeld einer Straftat nicht möglich.
Nochmal: bitte erläutern Sie mir Ihre Äußerung.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Knippel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Knippel,

meine Meinung deckt sich vollkommen mit der unserer Bundesjustizministerin, Frau Zypries. Ich weise darauf hin, dass es bereits Bürgerpflicht und geltendes Recht ist, bei Bekanntwerden einer schweren Straftat, ihrer Vorbereitung oder Unterstützung, die Polizei zu informieren.

Zu diesen schweren Straftaten gehört unzweifelhaft die Planung, Vorbereitung und Unterstützung eines Terroranschlags. Wenn jemand davon Kenntnis bekommt, ist es natürlich die Pflicht (und das Eigeninteresse) der muslimischen wie aller Bürgerinnen und Bürger, die Strafverfolgungsbehörden zu informieren, um das Leben Menschen zu schützen.

In dieser Frage dürfte es eigentlich keinen Dissens geben. Wenn Herr Bouffier aber dazu auffordert, „Islamisten“ zu melden, ohne zu definieren, was er damit meint, ist das in der Tat eine Generalaufforderung zum denunzieren. Er spricht ja offensichtlich nicht von den Gewalttätern, für die es ja (s.o.) klare Gesetze gibt. Der Islamismus ist eine Ideologie, die, ebenso wie Kommunismus, Neofaschismus etc. ein totalitäres System anstrebt, das sicher nicht mit unserer demokratischen Verfassung zu vereinbaren ist. Eine Straftat ergibt sich aber erst dann, wenn jemand aktiv gegen unseren Rechtsstaat handelt, und in diesem Bereich leistet unser Verfassungsschutz meiner Kenntnis nach hervorragende Arbeit.
Die Gedanken an sich sind aber nicht strafbar, und das ist auch gut so.

Und wir sollten erst recht nicht zulassen, dass Menschen in Polizeiakten vermerkt werden, weil sie von anderen unter Verdacht gestellt werden, Extremisten zu sein. Wenn wir so handeln würden, würden wir den demokratischen Rechtsstaat, den wir gegen Extremisten verteidigen müssen, selbst zu Grabe tragen.

Zivilcourage zu beweisen heißt für mich nicht, andere unter Verdacht zu stellen, sondern offensiv für unsere freiheitliche – demokratische Grundordnung einzutreten und zu werben, auch und gerade gegenüber denjenigen, die unserer Werteordnung ablehnend gegenüberstehen, ohne gewaltbereit zu sein. Ein solch offensives Eintreten für unseren Rechtsstaat verlangt jedoch der Glaubwürdigkeit willen, dass wir allen Bürgerinnen und Bürgern die uneingeschränkte Teilhabe an diesem Rechtsstaat zugestehen und sie als Bürger dieses Staates anerkennen. Dazu gehört auch, dass wir aufhören, Menschen unter Generalverdacht zu stellen, weil sie einer bestimmten
Religion angehören.