Frage an Lale Akgün von Florian W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Dr. Akgün,
die Debatte um "Internetsperren" spaltet derzeit die Gemüter. Sie haben sich zu diesem Thema schon klar positioniert bzw. sind noch weitere Fragen zu diesem Thema, auf deren Beantwortung auch ich warte, anhängig. Doch meiner Meinung nach lenkt die Disskusion um die "Internetsperren" vom einem viel größeren Problem ab:
Dem sog. "digital divide" also der digitalen Teilung der Gesellschaft. Dem Problem das zwischen Menschen besteht, die sich selbstverständlich im Internet bewegen, mit seiner Funktionsweise vertraut sind und zum Beispiel einsehen, dass "Stop-Schilder" innerhalb von 15 Sekunden (siehe YouTube-Video Anleitungen) umgangen werden können.
Ich selbst strebe einen Beruf an, der direkt mit dem Internet zusammenhängt und befürchte, dass die Entwicklung des Internets so schnell voran geht, dass irgendwann nur noch eine Minderheit (im Vergleich zur Gesamtbevölkerung) versteht was im Web vor sich geht.
Meine Frage daher:
Was will/kann/muss unternommen werden, damit diese Teilung und das damit verbundene gegenseitige Unverständinss zwischen den versierten Nutzern und dem Rest der Bevölkerung nicht weiter wächst?
Mit freundlichen Grüßen aus Zollstock
Florian Wittig
Sehr geehrter Herr Witting,
vielen Dank für Ihre Frage. Gerne gehe ich auf das Problem des "digital divides" ein. Dabei stellt sich für mich sowohl die Frage, ob die Mehrheit der Bevölkerung die technischen Entwicklungen und neuen Möglichkeiten des Internets noch nachvollziehen und nutzen kann, als auch die Frage, ob der Zugang zum Internet überhaupt gewährleistet ist.
Ich persönlich halte es für wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger, egal welcher sozialer Herkunft, welches Alters und Geschlechts sie sind - Zugang zum Internet bekommen. Das gilt auch unabhängig vom Wohnort. Dafür muss ein Staat, der sich als sozial gerecht versteht, sorgen.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Breitbandanschlüsse sowie kostengünstige Always-On-Internet-Angebote vorhanden sind.
Schnelle Zugangsmöglichkeiten zum Internet sind nicht nur von grundlegender Bedeutung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes. Sie sind auch Voraussetzung gerade dafür, einer sozialen Kluft zu begegnen und Chancengleichheit zu ermöglichen.
Die SPD Bundestagsfraktion setzt sich seit langem dafür ein, die Versorgungslücken in der Fläche zu schließen und ganz Deutschland mit schnellen Internetverbindungen zu versorgen.
In Zusammenhang mit dem 2. Konjunkturpaket hat Bundesregierung bereits im Februar dieses Jahres eine Breitbandstrategie verabschiedet, die sich darauf abzielt, bis Ende 2010 flächendeckend leistungsfähige Breitbandanschlüsse von einem Megabit pro Sekunde und bis 2014 mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit für 75 Prozent der Haushalte zur Verfügung zu stellen.
Für die Unternehmen und besonders betroffene Kommunen sind folgende konkrete Fördermaßnahmen vorgesehen:
. Im Rahmen des kommunalen Investitionsprogramms können die Kommunen in den Jahren 2009 und 2010 Mittelaus dem Bereich der "Sonstigen Investitionsmaßnahmen" nutzen;
. Für die Gemeinschaftsaufgabe GAK ("Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes") stellt der Bund bis 2010 Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro zur Verfügung, die von den Ländern abgerufen und kofinanziert werden müssen. Im GRW-Fördergebiet ("Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur") beim Breitbandausbau können Kommunen im Rahmen der Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur unterstützt werden. Die Bundesregierung setzt bis 2013 etwa 60 Millionen GRW-Mittel dafür ein;
. Über das KfW-Programm können insbesondere kleine und mittelständische TK-Unternehmen eine Fremdfinanzierung zu marktgerechten und risikoadäquaten Konditionen erhalten. Die Europäische Investitionsbank gewährt Darlehen für Breitbandprojekte bis zur Hälfte des Projektvolumens;
. Der Bund und die Länder übernehmen gemeinsam bis zu 90 Prozent des Ausfallrisikos bei Projektfinanzierungen.
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Darüber hinaus wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur kurzfristig einen Infrastrukturatlas erstellen, der einen Überblick über die Ausbauprozesse geben wird.
Allerdings kann der Staat nur die Voraussetzungen dafür schaffen, dass jede und jeder Zugang zum Internet erhält. Sich der digitalen Welt anzuschließen und sich nach seinen/ihren Möglichkeiten über den neusten Stand der Technologienentwicklung zu informieren, bleibt in der Selbstverantwortung jeden Einzelnen.
Mi freundlichen Grüßen,
Dr. Lale Akgün