Frage an Lale Akgün von Gerhard D. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Dr. Akgün,
ich habe eine Frage an Sie in Bezug auf das angestrebte Verbot des Paintball-Spiels/Sports und dem damit verbundenen Berufsverbot für die bisherigen Spielstätten-Betreiber. Ich muss dazu sagen, dass mir Paintball selbst nicht besonders wichtig ist (ich habe bisher einmal gespielt, dass ist Jahre her), ich aber denke, dass sich an diesem Punkt klar zeigt, ob Maßnahmen unserer Vorlksvertreter rein populistischer Natur sind oder ob Argumente für die Notwendigkeit einer Änderung der bestehenden Rechtslage bestehen. Es sind m.E. nach die kleinen Eingriffe, die zeigen, ob die Grundrechte geachtet werden oder nicht.
Zunächst einmal frage ich Sie, ob Sie für ein Verbot dieses Spiels/Sports eintreten und was ein Verbot erreichen soll bzw. nicht erreichen kann?
Ich frage Sie zudem, ob Sie in diesem Spiel/Sport ein "simuliertes Töten" sehen, wie immer reflexartig als Argument herangezogen wird? Im Gegensatz zu anderen weiter unten aufgelisteten Sportarten kommt es nämlich gerade nicht auf Treffer an, die bei "echten" Waffen tödlich wären, sondern um die "Markierung" des Gegenspielers, egal an welchem Teil des Körpers, sogar an dem "Markierer" selbst.
Desweiteren frage ich mich, ob man bei konsequenter Anwendung der "Paintball simuliert das Töten"-Argumentation nicht auch u.a. folgende Sportarten verbieten müsste:
1. Fechten, da der Degen Richtung Oberkörper geführt wird
2. Boxen, da hier nur die Handschuhe verhindern, dass die Treffer insgesamt nicht tödlch sind (man stelle sich vor, die Klitschos prügeln auf den Gegner mit bloßen Fäustenn ein)
3. Kickboxen, Thaiboxen etc.
4. Sämtliche Sportschützen-Disziplinen, da es hier um den Treffer an einem ganz bestimmten Punkt geht, ursprünglich waren dies u.a. Kriegerübungen, die das Treffen des Gegners trainieren sollten
Letztlich stellt sich die Frage, ob wir im Karneval unseren Kindern das Cowboy- und Indianer-Spielen verbieten müssen?
Mit freundlichen Grüßen,
Gerhard Deiters
Sehr geehrter Herr Deiters,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Ich denke, dass es kein vorschnelles Verbot von Paintball geben darf.
Das geplante Paintball-Verbot wird nun ja auch zunächst nicht kommen - das hat mein Kollege, der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz, bestätigt.
Vom Tisch ist ein Verbot aber noch lange nicht. Deshalb ist es sinnvoll, auch jetzt deutlich zu machen: Ein Verbot von Paintball ist unsinnig, weil es nicht zielführend ist. Möglicherweise wird das Spiel nun zunächst überprüft, um später schärfere Auflagen, etwa bei der Altersfreigabe, zu erlassen.
Die Regierungskoalition reagiert mit der Verschärfung des Waffenrechts auf die zunehmende Zahl von Amokläufen und Gewalttaten in der jüngsten Vergangenheit. Beide Bundestagsfraktionen müssen dem Plan noch zustimmen, damit daraus ein Gesetz entstehen kann. Grundsätzlich halte ich ein verschärftes Waffenrecht für richtig, wenn es darum geht, Waffenbesitzer und die Lagerung ihrer Waffen stärker zu kontrollieren.
Auch halte ich es für geboten, dass Schießen mit großkalibrigen Waffen erst Erwachsenen zu erlauben.
Wie so häufig steckt im Detail jedoch ein "großes Aber": Denn die geplante Verschärfung würde auch "Spiele, bei denen die Tötung des Gegners simuliert wird", betreffen.
Derzeit ist hier vor allem das sogenannte Paintball im Gespräch. Paintball ist eine temporeiche Mannschaftssportart, bei der sich die Mannschaftsmitglieder mit Farbkugeln ("Paintball") aus Luftdruckwaffen beschießen. Nach Angaben der Deutschen Paintball-Liga gibt es in Deutschland rund 20.000 aktive Spieler.
Obwohl ich das Spiel selbst nicht spiele und persönlich wenig Sympathie für derartige Freizeitvergnügen hege, halte ich ein Verbot von Paintball für falsch. Die Luftdruckwaffen sind oftmals bunt bemalt, und das ganze Umfeld ist nicht darauf angelegt, Töten zu glorifizieren, indem Töten simuliert wird. Zudem haben Jugendliche keinen Zutritt zu Paintball-Anlagen, und der Erwerb dieser Spielwaffen ist ebenso nur Erwachsenen erlaubt.
Außerdem wird Paintball vor allem in Gruppen gespielt - das Klischee des vereinsamten jungen Mannes, der im Internet stundenlang ballert, greift hier also nicht.
Die Frage ist, ob wir durch übertriebene Verbote nicht den Blick auf die nötigen Weichenstellungen verlieren.
Mich beschäftigt vielmehr, wie man Jugendliche, die am Tag neun Stunden vor dem PC sitzen und in irreale Computerwelten mit teils erheblicher Gewaltsimulation abtauchen, zum Umdenken und Umlenken bringt. Mit einem Verbot von Paintball und anderen Spielen trifft man jedoch vor allem Erwachsene, die eben nicht unbedingt zur Risikogruppe potentieller Gewalttäter gehören.
Eng damit verbunden ist auch die Frage, ob damit nicht auch andere Spiele und Freizeitbeschäftigungen kriminalisiert werden. Derzeit diskutieren viele Mitglieder der rund 15.000 Schützenvereine in Deutschland heftig über Konsequenzen aus dem Amoklauf von Winnenden - der Täter hatte seine Tatwaffe aus dem Fundus seines Vaters, eines begeisterten Schützen. Meiner Überzeugung nach müssen wir darüber nachdenken, wie man die sachgemäße Lagerung von Waffen besser sicherstellt.
Waffen gehören sicher weggeschlossen. Hier wird das verschärfte Waffenrecht seine Dienste tun. Das heißt aber nicht, dass man die Schützensportler, die ohnehin nicht auf Menschen schießen, kriminalisiert.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre Dr. Lale Akgün