Frage an Kurt Bodewig von Benedikt E. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bodewig,
Wie kann es sein, dass die Schulden durch die aktuell vorhandene Finanzkrise in Amerika jetzt doch in Deutschland durch den Staat aufgefangen werden, welches während des letzten Wirtschaftsgipfel abgestimmt wurden ist, obwohl eine Mehrheit im deutschen Bundestag sagt, dass diese Schulden eben nicht sozialisiert werden solllen? Wie kann es sein, dass jedoch trotzdem der Staat für eine Bank bürgt und im Notfall diese möglich folgende Kosten sozialisiert werden?
Ist also auf internationaler Ebene die nationalen Entscheidungen belanglos und man passt sich einfach nur den anderen Nationen so an, so dass die eigene Wirtschaft in ein "positives Licht gerückt" wird?
Ich empfinde in der aktuellen Situation die nationale Ebene nur noch als belanglos , da Deutschland im Endeffekt immer mehr in diese Krise mit reingezogen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Benedikt Eggert
Sehr geehrter Herr Eggert,
die aktuelle Krise der Finanzmärkte zeigt uns einmal wieder, dass eine unkontrollierte, sich selbst überlassene freie Marktwirtschaft nicht funktioniert.
Im 20. Jahrhundert ist mit der sozialen Marktwirtschaft ein herausragendes Erfolgsmodell geschaffen worden. Sie verbindet wirtschaftliche Stärke mit Wohlstand für breite Schichten. Die soziale Marktwirtschaft, maßgeblich geprägt durch Sozialdemokratie und Gewerkschaften, hat aus der Beteiligung und Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Produktivkraft gemacht und den sozialen Frieden gefördert.
Die globalen Finanz- und Kapitalmärkte, die keine Grenzen mehr kennen, stellen die bewährte Ordnung in Frage. Eine ausschließliche Orientierung an kurzfristigen und überzogenen Renditen gefährdet den sozialen Zusammenhalt und ist blind für die ökologischen Notwendigkeiten. Sie untergräbt zugleich den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen und unserer Volkswirtschaft. Die Auswirkungen können wir derzeit bestens betrachten: Die immer weiterführende Deregulierung der Finanzmärkte hat die aktuellen Ausmaße der Krise erst ermöglicht. Märkte bedürfen der politischen Gestaltung – im Zeitalter der Globalisierung auch über nationale Grenzen hinaus. Für uns Sozialdemokraten gilt: so viel Wettbewerb wie möglich, so viel regulierender Staat wie nötig.
In der aktuellen Krise muss Politik handeln und versuchen, weitere negative Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft nach Möglichkeit abzufedern. Es geht darum, Vertrauen und Stabilität wieder herzustellen. Dafür musste auch der Liquiditätsbedarf der in die Krise geratenen Hypo Real Estate Bank gesichert werden. Um weitergehenden Schaden von der deutschen Wirtschaft abzuwenden, haben Bund und Banken gemeinsam einen Bürgschaftsrahmen zur Verfügung gestellt, mit dem die Liquiditätshilfe der Banken, welche die eigentliche Hilfe leisten, abgesichert wird. Weiterhin hat die Bundesregierung erklärt, dass kein privater Sparer in Deutschland um seine Einlagen bangen müsse. Diese sind durch die bestehenden Systeme und die Zusage der Bundesregierung gesichert.
Am 8. Oktober hat Finanzminister Peer Steinbrück einen Acht-Punkte-Plan für neue ‘Verkehrsregeln’ auf den Finanzmärkten vorgelegt, der auch dem G7-Finanzministertreffen in Washington präsentiert wird. Darin werden folgende Punkte gefordert:
1. Eine Bilanzierungspflicht für Finanzinnovationen
2. Eine höhere Liquiditätsvorsorge bei Banken
3. Internationale Standards für eine stärkere persönliche Haftung der
verantwortlichen Finanzmarktakteure
4. Die Anpassung der Anreiz- und Vergütungssysteme des Finanzsektors
5. Engere Zusammenarbeit zwischen Internationalem Währungsfonds und
Finanzstabilitätsforum
6. Das Verbot schädlicher Leerverkäufe
7. Einen Selbstbehalt eines Teils der Kreditrisiken für Banken
8. Die Verbesserung der Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden
Wir hoffen, dass mit einer Umsetzung dieser, bereits lange von den Sozialdemokraten geforderten Regulierungsmaßnahmen, in Zukunft eine solche Krise verhindert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Bodewig