Frage an Krista Sager von matthias h. bezüglich Gesundheit
Liebe Frau Sager,
die Klimakatastrophe, die unweigerlich auf die Menschheit zukommen wird, ist laut Expertenmeinung kaum aufzuhalten!
Nun wird von verschiedenen Politikern gefordert, zuhause Urlaub zumachen, sprich keine Fernreisen zu unternehmen.
Wenn Sie sich an den 9/11erinnern wollen, wurde für 2 Wochen der gesamte Flugverkehr über den USA eingestellt, daraufhin stellte sich ein Klima - Phänomen ein: Nämlich das die Erde sich während dieser Zeit und einige Tage danach ca. um 1-2 Grad erhöhte, dies lag zum Teil daran, das der Flugverkehr in den höheren Schichten kein Ruß mehr ausgestossen hatte. Meine Frage wäre. "Sollte man nicht noch mehr Dreck in die Stratosphäre bringen, um damit der Erderwärmung Einhalt zu gebieten"? Entschuldigen Sie bitte diesen sarkastischen Anflug, aber wenn man den s.g. Experten zu hört, könnte man glauben, dies wäre alles gar nicht soo schlimm. Noch schlimmer finde ich es, das die Erdbevölkerung sich im wahrsten Sinne des Wortes einen Dreck um die Zukunft der Menschheit kümmert. Meine Frage ist also: Wie können Sie und Ihre Partei die Regierung dazu zwingen, ihre Wirtschaft ökologischer zu gestalten. Und endlich dafür zu sorgen, das die Erde nícht zu einer einzigen Müllhalde verkommt.
Sehr geehrter Herr Heinrich,
als Fraktion, zu deren Kernbereichen Ökologie gehört und die dem Leitgedanken der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, verfügen wir über eine Reihe von Vorschlägen für mehr Klimaschutz. Einige dieser Vorschläge, die die Wirtschaft auf unterschiedliche Weise zu mehr Klimaschutz anhalten, möchte ich Ihnen im Folgenden darlegen.
* Energie sparen*
Wir setzen auf Vorfahrt für Energieeffizienz. Bis Mitte des Jahrhunderts kann mit unserem Konzept der Stromverbrauch halbiert werden, der heute noch für rund 40 Prozent der CO_2 -Emissionen verantwortlich ist. Die drei zentralen Elemente unseres Konzepts für mehr Stromeinsparung sind:
1. Mindeststandards für den Stromverbrauch von Elektrogeräten ab 2008: Appelle an die HerstellerInnen reichen nicht aus. Für den Stromverbrauch elektrischer Geräte müssen europaweite Mindeststandards verbindlich vorgeschrieben werden. Die Standards sollen im Drei-Jahres-Rhythmus aktualisiert werden, so dass eine schnelle Marktdurchdringung der jeweils modernsten Geräte gewährleistet ist und "Stromfresser" vom Markt gedrängt werden. Dies wird unter anderem zur Folge haben, dass ineffiziente Standby-Schaltungen der Vergangenheit angehören und herkömmliche Glühbirnen nicht länger verkauft werden. Der so genannte Top-Runner-Ansatz, bei dem das beste Produkt von heute den Standard von morgen setzt, soll soweit wie möglich zum Einsatz kommen.
2. Klare Kennzeichnung des Stromverbrauchs von Elektrogeräten ab 2008: Die Kennzeichnung von Kühlgeräten und Waschmaschinen nach Effizienzklassen ist völlig veraltet und kaum noch aussagekräftig. Eine europaweite dynamische Verbrauchskennzeichnung für die gängigsten Elektrogeräte ist längst überfällig. Dabei sollen die Effizienzklassen spätestens alle drei Jahre aktualisiert werden. Die Klasse "A" soll für die besten zehn bis 20 Prozent der Geräte reserviert sein. Für eine übersichtliche Klassifizierung reicht eine Einteilung in vier Effizienzklassen A, B, C und D aus.
3. Stromsparfonds auflegen:
Noch immer liegt ein großes Potenzial zur Stromeinsparung brach. Wir schlagen vor, einen Stromsparfonds von jährlich 500 Millionen € aufzulegen, mit dem zusätzliche Maßnahmen zur Stromeinsparung finanziert werden. Dies würde zwei Milliarden € weitere Investitionen auslösen. Der Fonds soll aus den Erlösen künftiger Auktionen beim Emissionshandel finanziert werden.
* Emissionshandel:*
Der Emissionshandel gehört zu den wichtigsten Instrumenten des Klimaschutzes in Deutschland und in der EU. Das Bundeskabinett hat den neuen Plan zum Emissionshandel beschlossen. Der zweite Nationale Allokationsplan (NAP II) für die Phase des europäischen Emissionshandels 2008 bis 2012 ist aber kein wirksamer Beitrag für mehr Klimaschutz, sondern ein Förderinstrument für den Bau neuer Kohlekraftwerke.
Neue Kohlekraftwerke sollen doppelt so viele Emissionsrechte erhalten wie Gaskraftwerke. Braunkohlekraftwerke bekommen sogar noch ein zusätzliches Privileg, indem für sie besonders viele Betriebsstunden angerechnet werden – zehn Prozent mehr als Steinkohle- und Erdgasanlagen. Dieses Einknicken gegenüber der Kohlelobby ist eine Farce und hat mit Klimaschutz nichts zu tun. Ausgerechnet der klimaschädlichste Energieträger bekommt damit eine Sonderbehandlung, die klimapolitisch völlig falsch und durch nichts zu rechtfertigen ist. Das System wird dadurch schlechter, anreizärmer und komplizierter. Die Bundesregierung versucht zudem, die Öffentlichkeit zu täuschen, indem sie behauptet, es gäbe keinen eigenen Benchmark (Grenzwert) für die Braunkohle und deren Extrarechte stattdessen im Kleingedruckten versteckt. Tatsache ist: Es gibt einen Benchmark für die Braunkohle durch die Hintertür!
Wir fordern:
· Die geplante Bevorzugung von neuen Kohlekraftwerken muss korrigiert werden. Wir wollen einen einheitlichen Benchmark, der vom Brennstoff unabhängig ist: Kohle- und Gaskraftwerke müssen die gleiche Ausstattung je erzeugter Kilowattstunde Strom erhalten.
· Ab 2008 müssen zehn Prozent der Zertifikate versteigert werden. Mit den Einnahmen von mindestens 500 Millionen € pro Jahr wollen wir einen Stromsparfonds auflegen, um Anreize für Investitionen in Energieeinsparung zu schaffen. Ab 2013 sollten europaweit hundert Prozent der Emissionsrechte versteigert werden.
Ohne diese Korrekturen bleibt der Emissionshandel klimapolitisch unzureichend. Das Ziel, die Emissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent zu senken, kann sonst nicht erreicht werden. Wir werden uns in den parlamentarischen Beratungen dafür einsetzen, dass die Kohleprivilegien gestrichen und zehn Prozent der Zertifikate versteigert werden.
* Atomkraft und Klimaschutz:*
Neuerdings behaupten Atomlobby und Energiekonzerne gerne, die Laufzeit der Atomkraftwerke müsse aus Klimaschutzgründen verlängert werden. Das ist reine Propaganda. Nur mit dem Atomausstieg ist ein wirksamer Klimaschutz möglich. Eine verlängerte AKW-Laufzeit würde die zentralistischen Energieversorgungsstrukturen zementieren und die Einführung erneuerbarer Energien und neuer Kraftwerkstechnologien auf lange Zeit behindern. Außerdem sind AKWs die reinsten Energieverschwender, weniger als ein Drittel ihrer Energie kommt bei der VerbraucherIn an. Nur ein konsequenter Atomausstieg setzt die jetzt notwendigen Innovationspotenziale frei. Hinzu kommt, dass auch beim Bau der AKWs, beim Uranabbau, bei der Aufarbeitung der Brennstäbe und bei der Lagerung des radioaktiven Mülls erhebliche Mengen CO2 entstehen – von CO2 -freier Atomkraft kann also keine Rede sein.
2002 hat Deutschland den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen und damit einen Schlussstrich unter eine unverantwortliche Technik gezogen, die unsere Gesellschaft jahrzehntelang gespalten hat. Mit dem gesetzlichen Atomkonsens, den Politik und Energieversorger gemeinsam ausgehandelt haben, soll in Deutschland 2020 das letzte AKW vom Netz gehen. Dieser Ausstieg aus der Atomkraft ist mit dem Einstieg in Sonne, Wind und Wasser und in eine konsequente Energieeinsparung verbunden. Deutschland ist hier inzwischen weltweit Vorreiter.
CDU/CSU/FDP und die Atomlobby haben den Konsens immer wieder in Frage gestellt. Ihre Argumente wechseln, das Ziel bleibt gleich: Auch ohne Endlager und rund zwanzig Jahre nach Tschernobyl wollen sie die vorhandenen Reaktoren ohne Begrenzung am Netz lassen und schließen sogar neue AKWs in Deutschland nicht aus.
In der aktuellen Debatte muss der Klimaschutz herhalten, um diese verantwortungslose Politik zu begründen. Während sich Bundeskanzlerin Merkel vor die Autolobby stellt, wenn es um eine europaweite Begrenzung der klimaschädlichen CO2 -Werte oder ein Tempolimit geht, entdeckt sie bei der Atomkraft plötzlich ihr Herz für das Klima. Die Sorgen der Menschen werden missbraucht, um für eine alte Technologie neue Akzeptanz zu schaffen. Bündnis 90/Die Grünen stehen für einen wirksamen Klimaschutz ohne Atomkraft.
Atomkraft spielt für die Energieversorgung nur eine untergeordnete Nebenrolle, sie trägt nur zu 2,5 Prozent zur Weltenergieversorgung bei. Sollte sie einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten, müssten weltweit Tausende neue AKW gebaut werden, allein in Deutschland über 50 – völlig unrealistisch! Tatsächlich befindet sich die Atomkraft weltweit auf dem Rückzug, von einer angeblichen Renaissance keine Spur. Zur Jahreswende 06/07 wurden weltweit acht Atommeiler endgültig stillgelegt. Damit sind nur noch 442 Reaktoren in Betrieb. Tendenz: weiter sinkend.
Atomkraft ist die teuerste Energie. Sie wäre auf freien Energiemärkten nicht konkurrenzfähig. Die Subventionen für die deutsche Atomkraft werden auf insgesamt mindestens* *100 Milliarden Euro geschätzt*. *Weltweit rechnen sich AKW nur mit staatlicher Förderung und Garantien.
Atomkraft ist auch nach wie vor lebensgefährlich. Das zeigen ernste Störfälle immer wieder. Die Endlagerung des Millionen Jahre strahlenden Atommülls ist weltweit ungelöst und eine schwere Hypothek für kommende Generationen. Jede Laufzeitverlängerung erhöht das Unfallrisiko, vergrößert die radioaktiven Müllmengen, stärkt zentralistische Strukturen, behindert Zukunftslösungen wie die schnelle Einführung von Kraft-Wärme-Koppelung und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien in der nötigen Breite. Deshalb wird es einen wirksamen Klimaschutz nur mit dem Atomausstieg geben, nicht mit einer Laufzeitverlängerung.**
* Flugverkehr: *
Der Flugverkehr spielt beim Klimaschutz eine immer wichtigere Rolle. Noch hat er nur einen Anteil von etwa drei Prozent an den globalen CO2 -Emissionen. Doch das Fliegen schädigt das Klima in besonderer Weise, weil die Emissionen in große Höhe abgegeben werden – hier ist die Wirkung um das zwei- bis vierfache größer als in Bodennähe. Und der Luftverkehr wächst derzeit pro Jahr durchschnittlich um fünf Prozent. Allein die EU-Treibhausgasemissionen aus dem internationalen Flugverkehr sind seit 1990 um 87 Prozent gewachsen und werden sich bis 2020 voraussichtlich mindestens verdoppeln.
Es ist daher eine zentrale politische Aufgabe, den Flugverkehr in die nationale und internationale Klimaschutzpolitik einzubeziehen: Er muss in ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll integriert werden. Die Einführung einer Kerosinsteuer ist längst überfällig und muss nun endlich kommen, am besten EU-weit, notfalls zunächst auch nur national. Sie ist – ebenso wie die volle Einbeziehung des Flugverkehrs in die Mehrwertsteuer – auch eine Frage der Chancengleichheit der Verkehrsträger im Wettbewerb. Aktuell wird gerade die Einbeziehung des Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel diskutiert. Wir unterstützen das. Die Einbeziehung muss aber klimapolitisch angemessen sein und darf kein billiger Ausweg für die Flugunternehmen beim Klimaschutz sein.
Das Beste fürs Klima ist es allerdings, gar nicht zu fliegen. Wir müssen daher soweit wie möglich versuchen, auf die Nutzung von Flugzeugen zu verzichten. Wo sich das Fliegen nicht vermeiden lässt, sollte zumindest die Möglichkeit genutzt werden, die klimaschädliche Wirkung der Flugreise an anderer Stelle auszugleichen. Dazu eignet sich besonders die Klimaschutzinitiative „atmosfair“ (www.atmosfair.de), eine gemeinnützige GmbH, die mit einem einfachen Berechnungsverfahren Flugpassagieren ermöglicht, freiwillig Klimaschutzabgaben für die von ihnen verursachten Klimagase zu zahlen. Mit den Einnahmen werden Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern finanziert. Wir haben uns als Fraktion dazu verpflichtet, nur noch „atmosfair“ zu fliegen und setzen uns seit langem dafür ein, dass dies auch für alle anderen Flüge von Bundestagsabgeordneten oder Bundesministerien gilt. Dies wurde bisher von der großen Koalition nicht unterstützt, inzwischen scheint es hier aber ein Umdenken gegeben zu haben, die Ministerien wollen jetzt auch Klimaschutzabgaben auf ihre Flüge einführen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen Einblicke in unsere Ansätze geben konnte. Sollten Sie sich noch umfassender informieren wollen, empfehle ich Ihnen unser neues Energiekonzept, das einen umfangreichen Maßnahmenkatalog für mehr Klimaschutz enthält. Es liegt unter www.gruene-bundestag.de/cms/energie_klima/dok/187/187613.htm zum Download bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager