Wie stehen Sie zu: 1) einem bundeseinheitlichem, eingliedgrigem Schulsystem, 2) gemeinsamen Lernen bis zur 8-ten Klasse, 3) Ganztagsschulen, 4) einer kostenfreien Erstausbildung (incl. Kindergarten)?
Sehr geehrte Frau Schulz-Asche,
mir ist bewusst, dass Bildung Ländersache ist.
Die Gründe für die „Bildungshoheit“ der Länder sind - nach über 70 Jahren - m.E.n. obsolet geworden.
Das Bildungswesen in Deutschland bedarf dringend einer grundlegenden Reform!
Mit freundlichen Grüßen
K. B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Grünen Bildungspolitik. Wie Sie selbst schreiben, liegt die Kultushoheit hier in der Tat bei den Ländern, die über die konkrete Ausgestaltung des Schulsystems entscheiden. Sie sprechen aber wichtige Aspekte an, für die wir Grüne uns schon lange einsetzen und die in Kooperation von Bund und Ländern verbessert werden können. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen wollen wir auch in der Bildungspolitik eine neue Kultur der Zusammenarbeit begründen, um die Bildung in unserem Land nach vorne zu bringen.
Bildung beginnt bereits im Kleinkindalter. Jenseits ihrer Familien lernen kleine Kinder an keinem anderen Ort so viel wie am Bildungsort Kita. Frühkindliche Bildung ist uns Grünen daher ein wichtiges Anliegen und wir setzen uns dafür ein, bundesweite Qualitätsstandards in der frühkindlichen Bildung zu etablieren. Mit dem Kitaqualitätsgesetz haben Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Grüne Bundestagsfraktion die Priorisierung frühkindlicher Bildung in den Verhandlungen zum Bundeshaushalt, trotz knapper Kassen, erreicht. Durch unsere Verhandlungen werden auch in den kommenden zwei Jahren hierfür vier Milliarden Euro zur Verfügung stehen, was bis dahin durch Vorgängerregierung nicht abgesichert wurde.
Wir legen dabei den Fokus klar auf die Qualitätsentwicklung und Sprachförderung und stärken somit die Chancengerechtigkeit. Wir haben mit dem Änderungsantrag zudem die Übergangslösung für Sprachkitas abgesichert. Darüber hinaus hatten wir uns auch für die Pflicht zur sozialen Staffelung der Elternbeiträge eingesetzt, was anstelle von allgemeiner Gebührenfreiheit gezielt Familien mit geringem Einkommen entlasten würde. Allerdings war hier in Kompromiss mit den Ländern nötig, so dass die Pflicht zur sozialen Staffelung gestrichen wurde.
Sie sprechen auch das gemeinsame Lernen an. Längeres gemeinsames Lernen ist der Fokus für Ganztagsschulen, die ein zentraler Schritt sind, um den Bildungserfolg unserer Kinder stärker von der Herkunft zu entkoppeln – denn Bildung ist die größte Ressource für Chancengerechtigkeit. Wir haben als Ampel-Regierung daher im Mai die Verwaltungsvereinbarung Ganztag unterzeichnet. Mit dem Investitionsprogramm von 3 Milliarden Euro unterstützen wir Bündnisgrüne in der Bundesregierung die Länder dabei, die Ganztagsbildung flächendeckend auszubauen und qualitativ abzusichern. Für berufstätige Eltern ist das zudem eine gute Nachricht für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Im Sinne der Inklusion und guter Bildungschancen ist ein längeres gemeinsames Lernen für alle Kinder hilfreich, insbesondere für Kinder aus benachteiligten Familien, während es bei privilegierte Kinder hierdurch nachweislich keine Nachteile gibt. Daher kann auch eine längere gemeinsame Grundschulzeit bis zur sechsten Klasse förderlich sein.
Wir machen uns weiter zusammen mit unseren Partnern in der Regierungskoalition dafür stark, die Bildung wieder in den Fokus zu rücken und allen Kindern gute Bildungschancen zu geben. So haben sich nun auch Bund und Länder auf gemeinsame Eckpunkte für das „Startchancen“-Programm geeinigt, um etwa 4.000 Grundschulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schüler*innen zu stärken. Ab August 2024 stehen für die Förderung zehn Jahre lang 20 Milliarden Euro bereit. Hier stehen gezielte Lernförderung und Ausstattung der Schulen, bedarfsgerechte Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie die Stärkung multiprofessioneller Teams im Fokus.
Auch das Thema Digitalisierung und Modernisierung für Bildungseinrichtungen ist ein zentrales Anliegen der Ampel-Regierung. Wir setzen uns mit dem Digitalpakt 2.0 dafür ein, dass Bürokratie abgebaut wird und das Geld schnell und direkter an den Schulen ankommt – nicht nur für Technikausbau, sondern auch Medienkompetenz und damit ein besseres Lernen in der digitalen Welt für alle Schülerinnen und Schüler. Dabei steht auch hier die Kooperation von Bund und Ländern im Vordergrund, um unsere Schulen fit für die Zukunft zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Kordula Schulz-Asche