Portrait von Kordula Schulz-Asche
Kordula Schulz-Asche
Bündnis 90/Die Grünen
71 %
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Frage von Doris E. •

Frage an Kordula Schulz-Asche von Doris E. bezüglich Gesundheit

Ist Ihnen bekannt wie schwierig es ist als Krankenkassen-Patient
1. einen Termin bei einem niedergelassenen Arzt zu erhalten
2. bei einem Termin den Arzt zum Zuhören des Patienten zu motivieren
3. bei Fehlbehandlung Unterstützung zu erhalten
4. die Infos über die ärztlichen Abrechnungen transparent zu erfahren

Liegt es in Ihrem Vorhaben dagegen etwas zu tun?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau D. E.,

vielen Dank für Ihre Fragen zur ärztlichen Versorgung. Eine gute gesundheitliche Versorgung ist ein hohes Gut und die gelungene Kommunikation zwischen Patient*innen und Ärzt*innen ist eine zentrale Schaltstelle, die die Gesundung der Menschen direkt beeinflusst. Sie sprechen einige Probleme an, die es anzugehen gilt.

Die unterschiedliche Terminvergabe an gesetzlich Versicherte und Privatpatienten betrifft eine heftige Gerechtigkeitslücke im deutschen Gesundheitswesen. Im Durchschnitt müssen Kassenpatient*innen 27 Tage länger auf einen Termin beim Facharzt warten, wie eine repräsentative Studie der GRÜNEN in Hessen zeigt und sich auch in anderen Bundesländern bestätigt hat (www.schulz-asche.de/laengere-wartezeiten-fuer-gesetzlich-krankenversicherte-sind-ungerecht/) . Diese Ungerechtigkeit zwischen gesetzlich und privat Versicherten hat sich im Laufe dieser Wahlperiode nicht verbessert. Die von CDU/CSU und SPD eingeführten Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen helfen gegen diese Ungleichbehandlung überhaupt nicht; gesetzlich Versicherte werden bei den Wartezeiten bei Fachärzt*Innen wie eh und je benachteiligt. Wir fordern, dass die eigentlichen Ursachen dieser Unterschiede angegangen und behoben werden. Gute Medizin darf nicht länger vom Geldbeutel abhängen. Solange unterschiedliche Vergütungen für privat und gesetzlich Versicherte existieren, gibt es für Ärzt*innen einen starken Anreiz, privat Versicherte zu bevorzugen. Deshalb fordern wir mit der Bürgerversicherung eine hervorragende medizinische Versorgung für alle Patient*innen. Ein Bestandteil der Bürgerversicherung ist eine gemeinsame Honorarordnung für Ärzt*innen, damit es für gleiche Leistungen endlich das gleiche Geld gibt. Ärzt*innen haben dann keinen Anreiz mehr, bestimmte Patient*innen zu bevorzugen. Entscheidend für die Wartezeiten auf einen Termin bei Fachärzt*innen wird dann allein die medizinische Dringlichkeit sein.

Das von Ihnen angesprochene Kommunikationsproblem, das häufig zwischen Patient*innen und Ärzt*innen vorliegt, ist bekannt. Die Ursachen hierfür liegen vorwiegend in der medizinischen Ausbildung begründet, die hierauf einen zu geringen Stellenwert legt. Dabei sind patientenorientierte Gespräche zentral für das Gelingen einer Behandlung. Wichtig wäre es, die Förderung der Kommunikationskompetenz von Ärzt*innen anzugehen und bereits in den Universitäten einen Schwerpunkt auf die Ausbildung im Bereich Kommunikation und Vermittlung von Krankheitsbildern und Behandlungsmöglichkeiten durch die Ärzt*innen zu legen. Für die Ausbildung sind die Universitäten und damit die Bundesländer zuständig. Daher stehen der Bundesebene nur sehr begrenzte Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Dass Behandlungsfehler vorkommen, ist bei bestem Verhalten und Qualitätsmanagement der Ärzt*innen und des betreuenden Personals leider nicht auszuschließen. Fehlerhafte ärztliche Behandlungen können dabei gravierende Auswirkungen haben und bei den betroffenen Patient*innen bleibende Gesundheitsschäden verursachen. Bis zum Jahr 2015 haben wir bei vermuteten Behandlungsfehlern an die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) und deren kostenfreie und neutrale Hilfe verwiesen. Die UPD wurde jedoch inzwischen an das private Unternehmen Sanvartis GmbH vergeben und hat sich aus grüner Sicht in ein anonymes Callcenter verwandelt, dessen Unabhängigkeit immer wieder angefragt wird.

Die Krankenkassen bieten an diesem Punkt über den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) im Fall von vermuteten Fehlbehandlungen Unterstützung an. Seit 2013 sind sie dazu gesetzlich verpflichtet, davor war es eine freiwillige Leistung (mehr dazu unter www.mdk.de/319.htm). Der MDK erstellt darüber hinaus seit 2011 eine statistische Auswertung dieser Fälle, was die Transparenz erhöht und hoffentlich hilft, zukünftige Behandlungsfehler zu reduzieren. Im Jahr 2016 wurden 15.094 Fälle vom MDK begutachtet, dabei wurden 4.072 Fehler festgestellt, die zu 3.564 Schäden führten und bei denen in 2.948 Fällen nachgewiesen werden konnte, dass der Fehler für diesen Schaden die Ursache (Kausalität) war.

Völlig unverständlich finden wir, dass es noch immer kein verbindliches Fehlermeldesystem und auch keine adäquate Erfassung von Behandlungsfehlern gibt. Der offensive und transparente Umgang mit Fehlern in Krankenhäusern ist Voraussetzung für eine patientenorientierte Qualitätssicherung. Das bestehende Recht wurde durch das Patientenrechtegesetz zwar bekannter gemacht, aber die entscheidende Frage, wie geschädigte Patienten ihre berechtigten Anliegen durchsetzen können, ist immer noch nicht gelöst. Die Grüne Bundestagsfraktion fordert deswegen die Einführung eines Härtefallfonds. Dieser soll aktiv werden, wenn Patient*innen einen schwerwiegenden Schaden erlitten haben, aber nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob ein Behandlungsfehler dafür ursächlich ist.

Die transparente Information über die Abrechnung der Leistungen der Ärzt*innen für die Behandlung der einzelnen Patient*innen liegt uns Grünen am Herzen. Unter grüner Regierungsbeteiligung wurde daher 2004 eine Regelung eingeführt, wonach jede Patient*in einen Anspruch auf eine Versichertenauskunft für alle Leistungen hat, die in den letzten 18 Monaten in Anspruch genommen wurden. Die Krankenkassen bieten Ihnen die Möglichkeit, diese Informationen über die von Ihnen in Anspruch genommenen Leistungen und Kosten einzuholen. Je nach Krankenkasse ist es möglich, die Versichertenauskunft auch online zu erhalten. Sie können diese Informationen aber auch direkt von Ihrem Arzt, Zahnarzt oder auch vom Krankenhaus verlangen, indem Sie sich eine Patientenquittung ausstellen lassen. Dies ist mit der Tagesquittung schon unmittelbar nach einer Behandlung möglich, spätestens jedoch vier Wochen nach Quartalsende über eine Quartalsquittung, die für eine Aufwandsentschädigung in Höhe von einem Euro zuzüglich Versandkosten erhalten werden kann. Die Ausgestaltung der Patientenquittungen sind jedoch verbesserungswürdig: Wie eine Überprüfung von Stiftung Warentest zeigt, sind viele Arztpraxen auf Anfragen nach Tagesquittungen nicht vorbereitet, oder diese werden für die Patient*innen unverständlich verfasst – unübersichtliche Quittungen werden dabei auch von den Krankenkassen ausgestellt (www.test.de/Patientenquittung-Viele-Praxen-sind-ueberfordert-5115063-0/). Wir setzen uns dafür ein, dass die Versichertenauskunft für die Patient*innen transparenter und verständlicher gestaltet wird sowie zeitnah erfolgt.

Mit freundlichen Grüßen,

Kordula Schulz-Asche

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