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Frage von Bernhard P. •

Frage an Konrad Schily von Bernhard P. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Schily,
meine Frage an sie ist einfach zu stellen, aber wohlmöglich nicht so leicht zu beantworten. Ich bitte Sie, es trotzdem zu versuchen!
Meine Frage: Wie kann es verfassungsgemäß sein, dass es einkommens- und berufsabhängig ist, ob man sich in privater oder gesetzlicher Krankenversicherung versichern muss? Wie kann es z. B. Angestellten im öffentlichen Dienst mit einem bestimmten Einkommen verwehrt werden, dass sie sich privat versichern? Die Behandlung von Privat- und Kassenpatienten ist mittlerweile so ungleich, dass das zu einer klaren Ungerechtigkeit im Gesundheitssystem führt.
Vielen Dank für Ihre Mühe!
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Pfirsch

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Pfirsch,

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.10.2008. In der Tat haben Sie eine anspruchsvolle Frage gestellt, die nicht mit einem Satz zu beantworten ist. Als Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass sich die beiden Krankenversicherungssysteme -- privat und gesetzlich- ganz elementar voneinander unterscheiden und somit nicht ohne weiteres zu vergleichen sind. Solidargemeinschaft und private Versicherung stehen sich gegenüber.

Die Beiträge der Privaten Krankenversicherung richten sich nach dem individuellen Risiko jedes Versicherungsnehmers, Individualitätsprinzip. Das individuelle Risiko bestimmt sich nach Zuordnungskriterien wie Geschlecht, Alter und eventuelle Vorerkrankungen. Die Unterschiede zwischen beiden Krankenversicherungssystemen sind am besten nachzuvollziehen, wenn die den beiden Systemen zu Grunde liegenden Leistungsprinzipien verglichen werden. Der PKV liegt das sogenannte Äquivalenzprinzip zu Grunde, der GKV das Solidaritätsprinzip.

Die gesetzliche Krankenversicherung ist dem in Art. 20 GG verankerten Sozialstaatsgedanken zuzuordnen. Dieses verfolgt das Ziel, dem Menschen in (insbesondere unverschuldeten) Notlagen, denen er aus eigener Kraft nicht mehr gewachsen ist, zur Seite zu stehen und auch durch langfristig angelegte Maßnahmen vorzubeugen. Die gesetzliche Krankenversicherung sichert die durch Krankheit entstehenden Kosten für alle ab, die nicht selbst dafür aufkommen können oder wollen. Alle Personengruppen, bei denen der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sie nicht in der Lage dazu sind, selbst für ihren Schutz zu sorgen, sind in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert. Sie müssen sich damit in jedem Fall gesetzlich versichern. Mit ihren Beiträgen zur GKV tragen die Jüngeren die Älteren, die Erwerbstätigen die Arbeitslosen und die Gesunden die Kranken. Individuelle Faktoren wie die Gesundheitssituation oder das Geschlecht des Versicherungsnehmers wirken sich nicht auf die Höhe des Versicherungsbeitrages zur GKV aus. Alle Versicherten leisten einen Beitrag nach ihrem Einkommen, der dann zur Finanzierung der anfallenden Leistungen herangezogen wird.

Die private Krankenversorgung hingegen ist völlig anders strukturiert. Nach dem Äquivalenzprinzip hat jeder Versicherte einen Beitrag im Verhältnis zu seinem voraussichtlichen individuellen Leistungsbedarf zu entrichten. Beitragszahlungen und Leistungen müssen sich ausgleichen.

Die Realität im deutschen Gesundheitssystem sieht aber wie folgt aus: 90 Prozent der Deutschen sind in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Indem Medizin und Technik erhebliche Fortschritte machen und die Lebenserwartung steigt, wird die Gesundheitsversorgung dadurch immer teurer.

Ein Problem der gesetzlichen Krankenversicherung besteht in der Beitragsbindung an die Einkommen durch Arbeit. Wir haben eine abnehmende Zahl von Erwerbstätigen und eine steigende Anzahl von nicht mehr Erwerbstätigen. Dadurch wird die Lücke zwischen Beitragseinnahmen und Leistungsausgaben im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung immer größer.

Die Antwort auf mehr Gerechtigkeit im Gesundheitssystem liegt meines Erachtens in der von der FDP vertretenen Auffassung der liberalen Gesundheitsreform:

Ein liberaler Lösungsansatz ist ein privater Krankenversicherungsschutz mit sozialer Absicherung für alle:

Wir plädieren dafür, dass jedem ein Anspruch auf einen Mindestumfang an Leistungen ("Regelleistungen") zusteht, unabhängig von seinem Gesundheitszustand und ohne Risikozuschläge. Jede Krankenkasse sollte dafür einen Pauschaltarif anbieten. Die Auswahl der Patienten darf nicht nach Alter, Geschlecht, Risiko oder sonstigen Kriterien erfolgen. Das sichert den bezahlbaren Versicherungsschutz für alle und deckt alle existierenden Risiken ab.

Jeder Bürger wird zu dieser Mindestversicherung gesetzlich verpflichtet. Er kann frei wählen, bei welcher Krankenkasse er sich versichert. Auch über die Höhe des Tarifs kann er nach seinen Bedürfnissen frei bestimmen.

Beim Privatmodell der FDP wird niemand ohne Versicherungsschutz bleiben. Für finanziell Schwache wird gesorgt: Wer sich nicht aus eigenen Kräften versichern kann, bekommt dafür Unterstützung aus Steuermitteln. Auch für die Versicherung von Kindern hat der Staat aufzukommen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen hiermit bei Ihrer Frage behilflich sein.

Mit freundlichem Gruß,

Dr. Konrad Schily, MdB