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Konrad Schily
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Frage von Heinz T. •

Frage an Konrad Schily von Heinz T. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Schily,

ich habe folgende Fragen: Wie kann es kommen, dass das privatisierte Unternehmen "Die Bahn" die übertragenen Grundstücke zum Teil in Millardenhöhe veräußern können, ohne die durch den Verkauf erlangten Mittel transparent innerhalb des Unternehmens zu verbuchen. Keiner weiß genau, was die Unternehmensführung der Holding der Deutschen Bahn AG mit dem Geld macht. Jedes Jahr werden Millarden in die Bahn an Subventionsgelder gesteckt. Nicht nur, dass die Subventionen von unseren Steuergelder bezahlt werden, sondern auch die veräußerten Grundstücke eigentlich Eigentum des deutschen Volkes sind. Warum werden die Abgeordneten, welche die Kontrollfunktion über die Aktivitäten der Funktionäre der Bahn AG haben, nicht aktiv. Warum äußert sich Herr Tiefensee zu dieser Thematik nicht eindeutig? Wird, und wenn ja, wann, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß einberufen.

MfG Heinz Tonn

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Tonn,

vielen Dank für Ihr heutiges Schreiben. Für die FDP ist die anstehende Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG ein wichtiges Thema. Dabei orientieren wir uns unverändert an den Zielen der Bahnreform, die wir 1993 als Regierungsfraktion maßgeblich auf den Weg gebracht haben. Wir wollen den Verkehrsträger Schiene stärken und die Belastungen des Steuerzahlers senken. Das Schlüsselinstrument dafür ist Wettbewerb auf der Schiene, den wir konsequent fördern wollen. Eine Wettbewerbsbranche Schienenverkehr ist auch die beste Gewähr für die Sicherung von Beschäftigung im Bahnsektor. Dies sind somit die Leitlinien für unsere Position zur Bahnprivatisierung.

Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt das Modell der geplanten Teilprivatisierung, das Verkehrsminister Tiefensee jetzt vorgestellt hat, entschieden ab. Ich will aber nicht ausschließen, dass dabei für uns auch andere Motive maßgeblich sind, als die in Ihrem Brief angesprochenen Punkte. Wir wenden uns nicht grundsätzlich gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn, sondern wollen sichergestellt wissen, dass Wettbewerb auf der Schiene möglich ist und eine klare Unterscheidung zwischen staatsnahen und staatsfernen Aufgaben erfolgt.

Aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion muss daher bei der Privatisierung zwischen den Infrastrukturbereichen einerseits und den Transport- und Logistikbereichen andererseits unterschieden werden. Nach Art. 87e Absatz 3 Grundgesetz muss der Bund dauerhaft Mehrheitseigentümer der Infrastrukturgesellschaften bleiben. Das ist auch sinnvoll, weil die Infrastruktur – also vor allem das Schienennetz – dauerhaft nur mit hohen Zuschüssen des Bundes unterhalten werden kann. Eine Privatisierung würde dazu führen, dass die Zuschüsse letztlich in Aktionärsdividenden verwandelt würden, was selbstverständlich nicht Sinn der Sache sein kann. Außerdem muss auch berücksichtigt werden, dass die Infrastruktur als Drehscheibe des Verkehrs auch das Schlüsselinstrument ist, um Wettbewerb auf der Schiene zu behindern. Aus diesem Grunde wollen wir, dass die Infrastruktur erstens vom restlichen DB-Konzern getrennt und zweitens nicht privatisiert wird.

Nach unserer Auffassung kann es nicht im Interesse des Bundes oder allgemein des deutschen Steuerzahlers liegen, mit der Deutschen Bahn AG unter Einsatz von Steuermitteln einen global agierenden Mobilitäts- und Logistikdienstleister aufzubauen. Ein solcher Staatskonzern passt nicht in die Unternehmenslandschaft. Es wäre eine grobe Verletzung der ordnungspolitischen Spielregeln gegenüber privaten Unternehmen derselben Branche, die sich nicht auf eine staatlich garantierte Konkursfestigkeit verlassen können. Aufgabe des Staates ist die Wahrnehmung der Infrastrukturverantwortung – nicht mehr und nicht weniger. Als Transport- und Logistikunternehmer ist der Staat weder gefragt noch kompetent. Ein integrierter Börsengang verbietet sich aus allen diesen Gründen. Die Privatisierung der Transport- und Logistiksparten hingegen ist für die FDP eine selbstverständliche Forderung, denn diese Geschäftsfelder haben - anders als die Infrastruktur - nichts mit staatlichen Aufgaben zu tun.

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach welchem der Bund zwar formaler Eigentümer der Infrastrukturgesellschaften bleiben soll, das wirtschaftliche Eigentum in diesen Gesellschaften jedoch der DB AG übertragen wird. Damit kommt es faktisch doch zu einer Teilprivatisierung des Schienennetzes. Es handelt sich um ein verkapptes Integrationsmodell. Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt dieses so genannte „Eigentumssicherungsmodell“ ab. Es besitzt alle Nachteile des Integrationsmodells im Hinblick auf nachteilhafte Wirkungen auf den Wettbewerb, die Stärkung der Schiene im intermodalen Wettbewerb und die Entwicklung der Kosten für die Steuerzahler. Besonders absurd ist, dass der Bund später – will er das Netz als bundeseigenes Unternehmen weiter führen – einen Wertausgleich zahlen muss, der mit mindestens 7,5 Milliarden Euro höher sein wird, als die jetzt für die Hälfte des Gesamtkonzerns zu erwartenden Privatisierungserlöse (5 – 8 Mrd. Euro).

Aus all diesen Gründen halten wir es für richtig, die Infrastruktur bei einer bundeseigenen Gesellschaft zu belassen und die Transport- und Logistiksparten der Bahn zu privatisieren. Diese Privatisierung halten wir jedoch – möglicherweise im Unterschied zu der von Ihnen vertretenen Position – für richtig, weil nicht einzusehen ist, warum der Bund sich dauerhaft als Transport- und Logistikunternehmer betätigen sollte. Einig sind wir mit Ihnen in der Ablehnung des jetzigen Privatisierungskurses der Regierung. Durch unser Modell wäre auch sichergestellt, dass es zu keinen Streckenstilllegungen in der „Fläche“ kommt. Gleichzeitig würde das System Schiene insgesamt durch verbesserten Wettbewerb gestärkt.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Konrad Schily – MdB