Frage an Konrad Dippel von Hubert S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Eschenbach befindet sich am Rande des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr Wir ertragen ständig Flug- und Schieß- Bombardierungs- und Sprenglärm. Das Gelände im Truppenübungsplatz ist zum Teil verbrannt, verstrahlt und furchtbar verseucht. Die Zahlen für Erkrankungen an Krebs sind hier angeblich deutlich höher als im restlichen Deutschland. Wir sind hier Grenzland deswegen, weil von Auerbach bis Amberg eine Grenze entlang läuft. Innerhalb dieser Grenzen wohnt niemand, da wird nur scharf geschossen. Der Truppenübungsplatz bildet immer noch eine Grenze für viele umliegende Gemeinden. Besonders schlimm für den zertrümmerten Altlandkreis Eschenbach. Gastronomie, Handel, Handwerk, Hotelgewerbe, Ärzte und Kleinunternehmen haben an der Grenze zum Übungsplatz nur halbes Einzugsgebiet, dort wohnt kein Mensch mehr der als Kunde in Frage kommt. Tragen Sie dazu bei, daß rund um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr ein gefördertes Grenzlandgebiet entsteht. Helfen Sie, daß unsere wirtschaftlichen Nachteile endlich ausgeglichen werden. Großsiedlung Netzaberg. Wie stand damals so schön in der Zeitung: Im 4-Städtedreieck herrscht Goldgräberstimmung. Die Politik sprach von vielen Aufträgen für die unmittelbare Region. Alles nur leeres Gerede! So gut wie nix blieb in der Region. Die Siedlung steht, doch was wird die Zukunft für „Newtown“ und den Netzaberg bringen wenn schon jetzt immer weniger Wohnungen und Häuser in der Gegend zu vermieten sind? Hoffentlich nicht irgendwann ein Ghetto für Gruppen die man in den großen Städten nicht haben will. Als die Grenzen zum Osten noch zu waren gab es für die Grenzregionen Grenzlandhilfen, z. B. durften Firmen bei Angeboten um 10 bzw. 15 % teuerer sein als Mitbewerber und bekamen die Aufträge trotzdem. Was können Sie dazu beitragen, daß das Randgebiet des Truppenübungsplatzes endlich als Grenzland behandelt wird und was könnte vom Staat dafür getan werden, diese eklatanten Nachteile auszugleichen? Wie sieht Ihre Lösung für uns aus?
Sehr geehrter Herr S.,
was ich in der heutigen Politik vermisse, sind klare Worte die auch Weitblick für eine fernere Zukunft beweisen.
Das Wort Konversion, das eine Umkehr von Rüstung zu ziviler Nutzung meint, scheint in unserer Region vollkommen unbekannt zu sein.
Die Förderung der Anliegergebiete der jetzt durch ausschließlich militärisch Nutzung abgesperrten Gebiete, kann nur eine Übergangslösung sein.
Der Königsweg ist eine langfristig angelegte vollkommene Umnutzung des gesamten Truppenübungsplatzes.
Unter Einbeziehung der Mittel die jetzt militärisch verwandt werden (erhebliche deutsche Steuermittel), der riesigen Liegenschaften und der Mitarbeiter die jetzt hier beschäftigt sind.
Dazu braucht es aber nicht nur kreativer sinnvoller Ideen, sondern auch die Möglichkeit über das Gebiet zu verfügen.
Nach meiner Einschätzung ist die US-Armee nicht bereit, eine ihrer großen Basen in Deutschland zu räumen.
Und ich denke, selbst wenn eine klare demokratische Mehrheit sich für zivile Millarden-Investitionen und tausende sinnvoller ziviler Arbeitskräfte entscheiden würde, fehlt unserer Regierung die nötige Kraft eine solche Entscheidung durchzusetzen.
Also werden wir bis zum vollständigen Ende der Kriegs- und Nachkriegsphase weiter mit der Militärbasis der US-Armee in Grafenwöhr leben müssen.
Mir geht es im moralischen Interesse, der Generation die jetzt entscheidet (auch durch Stimmabgabe bei Wahlen), ein Zeichen für Friedfertigkeit zu setzen.
Geschichtlich betrachtet, befinden wir uns in einer Phase der relativen Ruhe und Stabilität, wie sie vor stärkeren Umbrüchen durchaus üblich ist.
Und solche Umbrüche sind oft auch von Krieg um Unruhen begleitet. Das Schlimmste was Menschen passieren kann.
Auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr bereiten sich Truppen darauf vor, die amerikanische Vormachtstellung in der Welt zu verteidigen.
Ich bin sicher, dass wenn in Jahren, Jahrzehnten, vielleicht Jahrhunderten auf unsere Zeit zurückgeblickt wird, keiner mehr froh sein wird sein Brot aus dem Etat einer Kriegsmaschinerie erworben zu haben.
Was nützt es, wenn Mutter Courage von unseren Kindern im Gymnasium Eschenbach aufgeführt wird, es aber inhaltslose Folklore zu sein scheint.
Denn keine der großen Parteien zeigt auch nur ansatzweise den Willen, für unsere Region Kriegsbrot durch segensreiche friedfertige Arbeit zu ersetzen.
Wo Willen wäre, da wären auch Wege.
Es sei denn, es fehlt die Macht dazu. Dann sollte die US-Armee auch offiziell als Besatzungsmacht bezeichnet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Konrad Dippel