Frage an Knut Fleckenstein von Martin J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Fleckenstein,
wie stehen Sie zu CETA, TTIP und TISA?
Nach der Veröffentlichung des Vertragstextes von CETA durch die Tagesschau ist nun endgültig klar, dass es sich bei diesem - und vermutlich auch bei den beiden anderen Abkommen - um massive Angriffe aufdie Demokratie, die Bürgerrechte und den Verbraucherschutz handelt. Und es ist auch klar, warum die Verhandlungen alle im Geheimen laufen.
Mit CETA droht eine weitreichende und nicht demokratisch legitimierte Paralleljustiz . Ausländische Konzerne können sich an der regulären und demokratisch legitimierten Justiz vorbei stattdessen an internationale "Schiedsgerichte" wenden, die mit drei Anwälten besetzt sind. Je einen Vertreter benennen die beteiligten Parteien, auf den dritten einigen sie sich gemeinsam. Damit aber wird die Macht über die Gesetzgebung an Privatpersonen abgegeben. Und im Zweifelsfall muss der verklagte Staat hohe Starfen zahlen - von unseren Steuern! Das unternehmerische Risiko, auch bezüglicher neuer Gesetze und Verordnungen, wird also auf uns Steuerbürger abgewälzt.
Wozu gehe ich dann eigentlich noch wählen, wenn die Macht derzeit schonmassiv und in Zukunft noch mehr in den Händen von großen Unternehmen und internationalen Konzernen liegt.
Ich bitte um Ihre Stelleungnahme und hoffe, dass Sie das Abkommen im Parlöament ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Jendis
Sehr geehrter Herr Jendis,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und Kanada sind noch nicht abgeschlossen. Das Europäische Parlament ist dabei nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt. Allerdings wird das Abkommen ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments nicht in Kraft treten können. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament werden das Abkommen nach Abschluss der Verhandlungen ganz genau analysieren und danach über die Zustimmung entscheiden. Dabei haben für unsere Fraktion der Verbraucher- und Umweltschutz wie auch die Arbeitnehmerrechte einen besonderen Stellenwert. Geltendes EU-Recht darf durch kein Handelsabkommen in Frage gestellt werden.
Die Frage des Investitionsschutzes ist ein besonders kritischer Punkt sowohl im CETA als auch im TTIP-Verhandlungsprozess und für die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament einer der zentralen Punkte des Abkommens, die nicht verhandelbar sind. Jegliche Vereinbarungen über einen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus, der es Investoren ermöglichen würde, die EU oder Mitgliedsstaaten jenseits vom normalen juristischen Verfahren vor internationalen Schiedsgerichten direkt auf Entschädigung für entgangene Gewinne zu verklagen sind inakzeptabel. Diese Schiedsgerichte sind höchst intransparent. Private Investoren könnten demnach gegen Gesetzgebung und Reformen auch in den wichtigen Bereichen Gesundheit, Umwelt oder Verbraucherschutz vorgehen.
Australien hat bereits in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA dem Verlangen nach einem Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus eine Absage erteilt. Dies sollte als Vorbild dienen. Zudem darf es ohne ein Anti-Spy-Abkommen zwischen der EU und den USA auch kein Handelsabkommen geben.
Gleichzeitig können Freihandelsabkommen aber auch Chancen für Arbeitsplätze bieten. Ebenso muss es das Ziel der Abkommen sein, Standards - gerade auch im Bereich der Arbeitnehmerrechte - zu festigen.
Anbei schicke ich Ihnen den Link zu dem Positionspapier meines Kollegen Bernd Lange, der das Thema stellvertretend für die SPD-Europaabgeordneten betreut:
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Knut Fleckenstein