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Knut Fleckenstein
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Frage von Mathias S. •

Frage an Knut Fleckenstein von Mathias S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Fleckenstein,

zur Zeit wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit das US/EU-Abkommen über eine "Transatlantische Handels- und Investment-Partnerschaft (TTIP)" entworfen über das auch Sie zu gegebener Zeit im EU-Parlament abstimmen können - so fern Sie diesem wieder angehören werden.

Teil dieses Abkommens wird der sog. Investitionsschutz für international agierende Konzerne sein. Mittels diesem wird es den Konzernen möglich sein, den jeweiligen nationalen Rechtsstaat (dessen Gesetze und Gerichte) zu umgehen und vor einem dreiköpfigen, nichtöffentlichen Schiedsgericht auf Schadenersatz zu klagen. 2012 wurden von weltweit insgesamt 50 solcher Verfahren 70% zu Gunsten der Konzerne entschieden.
Hamburg hatte bereits einmal unter einem solchen Abkommen zu leiden (KKW Moorburg) und wird auch aktuell von "Vattenfall" auf Schadenersatz in Höhe von 3,5 Mrd. Euro verklagt, weil es die AKW Krümmel und Brunsbüttel nicht mehr betreiben darf.

Meiner Ansicht nach würden mit dem TTIP-Abkommen Demokratie und Rechtsstaat zu Gunsten von Kapitalinteressen ausgehebelt.

Bekommen Sie zu diesem Abkommen Informationen von der Bundesregierung oder von EU-Gremien, die Sie bei der Entscheidungsfindung zu Ihrem Abstimmungsverhalten unterstützen?
Konnten Sie zu dem Abkommen bereits eine Meinung bilden und falls ja, können Sie diese kurz erläutern?

Vielen Dank für Ihre Mühe im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
M. Schmitt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmitt,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Auch ich stehe einigen Punkten des geplanten Freihandelsabkommens sehr kritisch gegenüber.

Der Vorwurf, TTIP sei ein Geheimabkommen, stimmt so nicht ganz. Durch Druck des Europäischen Parlaments, insbesondere der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D) und angesichts der Ablehnung des ACTA-Abkommens durch das Parlament im Juli 2012 wurde erreicht, dass die Informationspolitik der EU-Kommission sich änderte. Nun sind alle Positionspapiere der Europäischen Kommission dem Parlament zugänglich und werden zu einem großen Teil auch ins Internet gestellt. Wir haben durchgesetzt, dass es einen regelmäßigen Dialog zwischen der Europäischen Kommission und Vertretern der Zivilgesellschaft vor und nach den Verhandlungsrunden gibt. Auf Initiative des Parlaments plant nun die Europäische Kommission, den Dialog im Rahmen der TTIP-Verhandlungen durch eine permanente Beratungsgruppe mit 15 Experten von Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbänden und Unternehmen zu institutionalisieren. Allerdings fordern wir Parlamentarier mehr Transparenz. So sollten wirklich alle Verhandlungsdokumente ins Netz gestellt werden, auch die der USA.

Da ich selber nicht Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel bin, möchte ich Sie auf einen Link meines Kollegen Bernd Lange verweisen, der sehr ausführlich die Standpunkte der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament zusammen gefasst hat.

http://www.bernd-lange.de/politik/eu-usa-handelsabkommen/

Dort finden Sie auch weitere Informationen zum geplanten Freihandelsabkommen.

Gestern hat Bernd Lange außerdem eine Pressemitteilung heraus gegeben, in der er auf die Ankündigung der europäischen Kommission eingeht, die umstrittenen Investitionsschutzklauseln zunächst aus den Verhandlungen auszuklammern. Darin geht er explizit auf Ihre konkreten Bedenken ein. Dem kann ich mich nur anschließen.

BERND LANGE:
"Sonderklagerechte für internationale Konzerne müssen vom Tisch"

Freihandelsabkommen EU-USA: Europäische Kommission kündigt Verhandlungsstopp zu Investitionsschutzklauseln an

Die EU-Kommission will eine Verhandlungspause für Teile des geplanten Handels- und Investitionsabkommens mit den USA einlegen. Das hat EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Dienstag in Brüssel bekanntgegeben. Demnach sollen weitere Gespräche über sogenannte Investitionsschutzklauseln vorerst ausgesetzt werden.

Der SPD-Europaabgeordnete und handelspolitische Sprecher der Sozialdemokraten im Europaparlament Bernd LANGE begrüßt diesen Schritt: "Die EU-Kommission scheint endlich den öffentlichen Unmut gegen die geplanten Sonderklagerechte für private Investoren ernst zu nehmen."

Schon lange wächst der Widerstand gegen die Pläne der EU-Kommission, im Rahmen des transatlantischen Abkommens einen Investorenschutz zu vereinbaren, der es privaten Investoren ermöglichen würde, gegen demokratisch erlassene Gesetzgebung wie etwa im Gesundheits- und Umweltschutzbereich vorzugehen. „Wir wollen nicht, dass Großkonzerne vor internationalen Schiedsgerichten und damit außerhalb staatlicher Rechtssysteme unbegrenzt Schadensersatzansprüche geltend machen können.
Dadurch würden europäische Gesetzgeber wichtigen Handlungsspielraum verlieren", warnt Bernd LANGE.

Berichten zufolge plant die EU-Kommission, zunächst eine öffentliche Konsultation innerhalb der EU zu führen, um eine gemeinsame europäische Position zu erarbeiten. Bernd LANGE fordert hingegen die EU-Kommission auf, komplett auf einen Investor-Staat-Investorenschutz zu verzichten: "Die EU-Kommission muss jetzt konsequent sein und nicht nur eine Verhandlungspause einlegen, sondern diese Pläne vollständig aus ihrer Verhandlungsagenda streichen!"

Dabei erinnert der SPD-Europaabgeordnete an den Versuch von Vattenfall, Deutschland wegen des Atomausstiegs auf 3,7 Milliarden Euro Schadenersatz zu verklagen. "Ein Sonderklagerecht für Investoren in Staaten mit zuverlässigen und entwickelten Rechtssystemen lehnen wir Sozialdemokraten grundsätzlich ab", stellt Bernd LANGE deshalb klar. Stattdessen fordert er die EU-Kommission auf, dem Beispiel Australiens zu folgen. Die australische Regierung erteilte in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA dem Verlangen nach einem solchen Mechanismus eine Absage.

Ich hoffe, Ihnen helfen diese Informationen weiter.

Mit freundlichen Grüßen
Knut Fleckenstein (SPD)