Frage an Knut Fleckenstein von Karl-Jürgen H. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Fleckenstein,
der EU-Verordnungsentwurf zum "Digitalen Binnenmarkt" scheint wegen der Abschaffung der Roaming-Gebühren auf den ersten Blick verbraucherfreundlich. Aber wie bewerten Sie die ebenfalls vorgesehene faktische Abschaffung der Netzneutralität?
Ist es im Sinne der Verbraucher, wenn ein kleines Oligopol von europaweiten Internet-Dienstanbetern gleichzeitig Netzbetreiber und Anbieter wird und dann auch noch bestimmen darf, wessen Inhalte bevorzugt durch das Netz transportiert werden, während kapitalschwächere innovative Angebote oder meine private Homepage schneckenhaft langsam werden? Wie werden Sie abstimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Jürgen Hanßmann
Sehr geehrter Herr Hanßmann,
vielen Dank für Ihre Nachricht mit der Frage zur Netzneutralität.
Der von EU-Kommissarin Neelie Kroes vorgelegte Verordnungsentwurf enthält Themen, für die sich die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament seit langem einsetzen. Der von Ihnen angesprochene Punkt der Roaming-Gebühren ist zum Beispiel so ein Thema, bei dem wir endlich Fortschritt verzeichnen können.
Allerdings haben Sie es richtig erkannt: Im ursprünglichen Verordnungsentwurf würde die meiner Meinung nach überfällige Abschaffung der Roaming-Gebühren nur einen faulen Tauschhandel gegen eine echte Netzneutralität darstellen. Ich halte es wie Sie für gesellschaftlich und wirtschaftlich schädlich, wenn ein diskriminierungsfreier Zugang zum Internet nicht mehr gewährleistet ist.
Der Ausschuss des Europäischen Parlaments für Kultur und Bildung hat am 21. Januar Änderungsvorschläge beschlossen, die den Entwurf unter anderem auch in diesem Punkt entscheidend entschärfen sollen. Allerdings bleibt noch abzuwarten, was der federführende ITRE-Ausschuss, der eher Telekom-unternehmensfreundlich eingestellt ist, von den Änderungen letztendlich übernehmen wird. Seine nächste Sitzung findet in etwa zwei Wochen statt. Sollte dort eine Entscheidung fallen, die die Netzneutralität bedroht, wird die S&D Fraktion für die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments im April weitere Änderungsanträge einbringen.
Für eine detailliertere Betrachtungsweise empfehle ich den Ende Januar im Magazin “Promedia” erschienenen Artikel meiner Kollegin Petra Kammerevert, nachzulesen auch unter diesem Link:
http://www.medienpolitik.net/2014/02/netzpolitik-europa-netzneutralitat-light-ist-das-ende-der-netzneutralitat/
Generell möchte ich noch einmal hervorheben, dass auch öffentlicher Druck notwendig sein wird, um Netzneutralität auf europäischer Ebene abzusichern. Deshalb bitte ich Sie, wie alle anderen Personen, denen Netzneutralität am Herzen liegt, in dieser Sache aktiv zu bleiben.
Mit freundlichen Grüßen,
Knut Fleckenstein (SPD)