Frage an Knut Fleckenstein von Matthias L. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Fleckenstein,
mit Entsetzen habe ich unter http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/04/23/eu-will-anbau-von-obst-und-gemuese-in-gaerten-verbieten/ einen Artikel zu Kenntnis genommen, der davon berichtet, dass nach den Plänen der Kommission, Kleinbauern oder Privatleute ihr selbst gezüchtetes Saatgut in Zukunft nicht einmal mehr verschenken dürfen.
Zunächst dachte ich an einen (schlechten) April-Scherz, vermute aber, dass es sich hierbei nicht um eine Ente handelt. Das wäre dann wohl das Ende der Vielfalt auf dem Tisch...
Hierzu mein Fragen:
1. Ist der im Artikel angegebene Sachverhalt zutreffend?
2. Wie steht das EU-Parlament dazu?
3. Was wird (ggfs.) dagegen unternommen?
Beste Grüße
Matthias Lübbert
Sehr geehrter Herr Lübbert,
aller Voraussicht nach wird die EU-Kommission den Entwurf der Saatgutverordnung am 6. Mai vorlegen. Dann wird sich zunächst der zuständige Fachausschuss im Europäischen Parlament damit befassen. Soviel kann ich schon einmal sagen: Die Sozialdemokraten werden sich für den Erhalt der Sortenvielfalt einsetzen. Alte Sorten dürfen nicht benachteiligt werden.
Heute hat übrigens auch die deutsche Agrarministerin Aigner in einem Interview im Handelsblatt zum selben Thema betont, dass sie sich dafür einsetzen wird, die biologische Vielfalt zu schützen. Frau Aigner sagt, dass die bisherigen Aussagen der Kommission im Ständigen Saatgutausschuss darauf hin deuten, dass es auch das Anliegen der Kommission sei, einen einfacheren Marktzugang für Saatgut von alten Sorten und Nischensorten zu schaffen.
Ich hoffe, Frau Aigner hat mit Ihrer Einschätzung Recht. Ich würde sicherlich nicht zustimmen, wenn Privatgärtner und Kleinzüchter, die den Artenreichtum erhalten, durch eine Zulassungspflicht eingeschränkt werden sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Fleckenstein
Sehr geehrter Herr Lübbert,
ergänzend zu meiner Antwort von heute Vormittag möchte ich Sie noch auf eine Presseerklärung der Kommission hinweisen, die heute heraus gegeben wurde:
Klarstellung: Neue Regeln für Saatgutproduktion gelten nur für professionellen Handel
Die EU-Kommission weist Medienberichte über Regulierungspläne für den Obst- und Gemüseanbau in Hobbygärten zurück.
Privatgärtner können auch in Zukunft ihr Saatgut wie bisher verwenden. Sie sind von den neuen Regelungen zur Tier- und Pflanzengesundheit, die die Kommission Anfang Mai vorstellen wird, -entgegen anderslautenden Meldungen - nicht betroffen. Die neuen Regeln gelten für ausschließlich professionelle Akteure, wie beispielsweise Landwirte oder Gartenbaubetriebe, die pflanzliches Saatgut erzeugen.
Für Kleinstunternehmen jedoch wird es Ausnahmen geben, um für sie die administrativen Hürden und Kosten zu minimieren. Die Anforderungen an sie bezüglich Kennzeichnung und Verpackung werden gering sein.
Auch für alte Sorten sollen schwächere Regeln gelten. Aus Transparenzgründen muss dieses Saatgut zwar auch registriert werden, allerdings in einfacher Form und auf der Grundlage von historischen Daten und praktischer Erfahrung. Tests sind nicht vorgesehen.
Quelle: http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/11327_de.htm
Mit freundlichen Grüßen
Knut Fleckenstein