Klemens Domning
WASG
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Frage von Gunnar P. •

Frage an Klemens Domning von Gunnar P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

In Ihrem Wahlprogramm/Ihren Standpunkten führt die WASG einen Mindestlohn von 10Euro/Stunde an.

Dabei kann man in jedem BWL/VWL-Buch lesen, dass ein Mindestlohn entweder zu hoch ist und Einstellungen verhindert oder zu niedrig und damit nutzlos ist.

Wieso möchte die WASG trotzdem einen Mindestlohn?

Wäre es nicht sinnvoller sämtliche Subventionen (mit Ausnahme von Bildung und Kindern/Jugend, weil der "Markt" diese Bereiche nicht korrekt reguliert) zu streichen?

Und auf der Umkehrseite den geringeren Finanzbedarf in eine Senkung der Lohnnebenkosten zu verwerten und somit Anreize für Beschäftigung zu schaffen?

Ich brauche Ihnen sicherlich nicht zu erklären, dass Arbeitgeber vor allem den Bruttolohn wahrnehmen und keine Arbeitnehmer eingestellt werden wo sich dies nicht lohnt. Der Nettolohn ist dem Arbeitgeber letztendlich doch egal, deswegen ist es Ihre Verantwortung den Unterschied zwischen Brutto und Netto möglichst gering ausfallen zu lassen.

Ich vermisse manchmal das wirtschaftliche Verständnis und die wirtschaftliche Vernunft in dem Programm der WASG (aber auch anderen Parteien...). Da ich lesen kann, dass Sie Volkswirt sind, würde ich mich sehr über eine Antwort zu den Themen Mindestlohn und Subventionen freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Gunnar Prüfer

Antwort von
WASG

Sehr geehrter Herr Prüfer,

Mindestlöhne sind in der heutigen Situation wohl ein probates Mittel, um die Einkommenssituation von abhängig Beschäftigten zu stabilisieren. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors und die Höhe der dort bezahlten Stundenlöhne, im Durchschnitt um die 4,- € sogar in Handwerksberufen, z.B. dem Frisörhandwerk, lassen aktuell diese Maßnahme als notwendig erscheinen.
Mindestlöhne sind in weiten Bereichen der Gesellschaft doch schon immer existent und auch allseits beliebt, wenn wir da z. B. an die Berufgruppen der Rechtsanwälte, Steuerberater und Architekten denken, finden wir dort zumeist eine gesetzliche Gebührenordnung, welche der bezeichneten Berufsgruppe ein Mindesthonorar sichert, hier hört man jedoch keine Proteste.

In Großbritannien hat man seit 10 Jahren Erfahrungen mit Mindestlöhnen und Ian Brinkley vom Dachverband der britischen Gewerkschaften TUC erklärte zu diesen Thema folgendes:

Mindestlöhne sind ein Instrument gegen Ausbeutung
Mindestlöhne verhindern extreme Armut
Mindestlöhne gewährleisten die Gleichstellung der unteren Einkommen

Der Lohn für geleistete Arbeit hat in seiner Höhe meiner Meinung nach so zu sein, dass ein menschenwürdiges Leben möglich ist, hierzu gehört auch kulturelle Teilhabe der Lohnbezieher. In Deutschland jedoch sind immer mehr Menschen arm trotz Arbeit, im Mediensektor z.B. wo es von „freiberuflichen“ Kameraleuten, Tonassistenten und Journalisten nur so wimmelt, gibt es eine steigende Anzahl derjenigen, die nicht mehr z. B. ihre Krankenkassenbeiträge bezahlen können, geschweige denn anständig leben können. Es ist eine Schande, dass Arbeitgeber, allen voran Herr Hundt, dieses normal finden.

Ein amerikanischer Investor, welcher in Sachsen wirklich große Investitionen in der Hightechbranche getätigt hat, meint dass die Lohnhöhe n i c h t das entscheidende Kriterium zur Schaffung von Arbeitsplätzen sei, vielmehr das Produkt selbst, seine Marktchancen und die Infrastruktur des Standortes und der Ausbildungsstand der Arbeitnehmer...,

Die Unsitte in Deutschland immer wieder Äpfel mit Birnen aufzurechnen, führt natürlich zu Irritationen, welche auch im 2. Teil Ihrer vielschichtigen Frage auftauchen.

Hier meinen Sie, dass die Streichungen jeglicher Subventionen( Ausnahme Bildung) und die daraus resultierende Ersparnis des Staatshaushaltes, dazu verwandt werden sollte, die Lohnnebenkosten zu senken und auf diesem Wege zusätzliche Beschäftigung in den Betrieben zu generieren.

Natürlich sind Subventionen in vielen Bereichen unserer Volkswirtschaft vorhanden, und regelmäßig werden Stimmen laut, welche den Abbau oder die Streichung derselben fordern. Jede Regierung die diese „Pfründe“ der in Frage kommenden Gruppen beschneiden wollte oder in Zukunft will, wird mit einem Sturm der Entrüstung rechnen müssen, und da in Deutschland alle „Nase lang“ gewählt wird,
werden nur solche „Besitzstände“ angegangen werden, wo keine wirksamen Gegenmaßnahmen der Betroffenen zu erwarten sind, z. B. die Entfernungspauschale,
Eigenheimzulage.

In Deutschland ist eine umfassende Reform des Steuersystems, des Sozial-, Gesundheits- u. Rentensystems notwendig, um den Erfordernissen eines Gemeinwesens gerecht zu werden.

Reform kann aber nicht bedeuten, dass jene, welche ihre erzielten Einkünfte in Deutschland versteuern müssen, in der Regel Arbeitnehmer, Freiberufler und kleine Betriebe, die Gesamtkosten unseres Staatshaushaltes schultern, und Großkonzerne sich jedoch aus der Verantwortung ziehen und sich legal arm rechnen können, oder über internationale Firmenstrukturen dem Fiskus zustehende Gelder legal verschwinden lassen können (z. B. steuerliche Vorteile bei Investitionen in den neuen EU Ländern).

Nebenbei bemerkt hat die rot/grüne Regierung den Großkonzernen Steuergeschenke in Milliardenhöhe gemacht, jedoch sind keine nennenswerten sozialversicherungs- pflichtige Arbeitsverhältnisse entstanden, lediglich der internationale Kapitalmarkt und die ein oder andere Volkswirtschaft welche im Dumpingwettbewerb um Steuerhöhe, Sozial- u. Umweltstandards die Nase vorn hatte, konnte einen Vorteil daraus ziehen. Die Fortsetzung dieser verfehlten Politik können wir zeitnah mit der „Großen Koalition“ erleben.

Sie vermissen in unserm Parteiprogramm die wirtschaftliche Vernunft, ich persönlich frage mich dann, welche Art von Vernunft?

Die frei nach Kant, was Du nicht willst dass man Dir tut, das füg auch keinem Anderen zu, oder meinen Sie den Verstand, welcher nach Kant die Sinnlichkeit begrenzt, ohne sein eigenes Feld zu erweitern und nach Schopenhauer seine alleinige Funktion darin besteht, die Kausalität von Ursache und Wirkung zu erkennen.

In einer freien Gesellschaft kann jeder Mensch seinen freien Willen bilden, äußern und danach handeln und ist natürlich auch verantwortlich dafür Artikel 2. Abs.1, Grundgesetz ( allgemeine Handlungsfreiheit). Es ist aber allen Beteiligten klar, dass es trotz der angestrebten Gleichheit, große Unterschiede zwischen den Menschen gibt, insbesondere bei der Ausübung der wirtschaftlichen Möglichkeiten. Zum Schutze
eben dieser Menschen sieht die Rechtsordnung die Einschränkung der Privatautonomie vor. Darum brauchen wir Arbeitnehmerschutz, Verbraucherschutz, Kinder- u. Jugendschutz, Minderheitenschutz und vieles mehr.

Sicherlich nach der Sichtweise des Neoliberalismus nicht sehr ökonomisch, da wird’s der >Markt< sicher schon richten .......

Mit freundlichen Grüßen
Klemens Domning