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Frage von Roland W. •

Frage an Klaus Wowereit von Roland W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Wowereit!

In Ihren Antworten vom 1.9.06 an Frau Badinski und Herrn Schneider zu der von vielen Seiten stark kritisierten extremen Kürzung des Erdkundeunterrichts in der Mittelstufe schrieben Sie in kandidatenwatch „In anderen Bundesländern, auch darauf habe ich hier bereits mehrfach hingewiesen, gibt es nur eine Unterrichtsstunde Erdkunde.“ bzw. „Berlin bleibt das Bundesland, das für den Erdkundeunterricht die höchste Wochenstundenzahl erlaubt. Alle anderen Bundesländer erteilen das Fach mit einer Unterrichtsstunde pro Woche.“ Ähnliches sagte auch Ihr Schulsenator Böger. Ich frage Sie, wie kommen Sie zu derartigen Aussagen?
Schon ein kurzer Anruf bei den Schulverwaltungen der anderen Bundesländer zur Anzahl der dortigen Erdkundestunden in der Mittelstufe hätte Sie eines Besseren belehrt. In Schleswig-Holstein umfasst der normale Geographieunterricht in den Klassenstufen 7 – 10 z.Z. je 2 Wochenstunden, d.h. in der Mittelstufe insgesamt 8 Wochenstunden. Berlin hat jetzt nach Ihrer Kürzung nur noch 4 Wochenstunden, also die Hälfte! Auch die meisten anderen Bundesländer haben mindestens 6 Wochenstunden, z.B. Saarland, dazu oft noch Poolstunden und wie in B.-W. zusätzliche Integrationsfächer mit 4 – 5 Wochenstunden. Es scheint also eher so, als ob Berlin mit dem Ein-Stunden-Fach Erdkunde das Schlusslicht unter den Bundesländern bildet.
Man fragt sich wegen dieser so oft wiederholten Fehlinformation: Ist die Berliner Schulverwaltung noch nicht einmal in der Lage, so simple Tatsachen zu recherchieren? Wie kann der Regierungschef der deutschen Hauptstadt sich so offensichtlich irren und derartige Falschmeldungen verbreiten?
In jedem Fall entstehen so erhebliche Zweifel an der Kompetenz und Glaubwürdigkeit der jetzigen rot-roten Regierung in Berlin, schade!

Für die Aufklärung dieses groben Irrtums danke ich
Roland Wieckert

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Wieckert,

seit die Ergebnisse vielfältiger Leistungsstudien zum Schulwesen
- PISA TIMSS und IGLU vorliegen - beschäftigt sich die Kultusministerkonferenz (KMK) mit der Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Ziel ist es, ein bundesweit vergleichbares Bildungswesens zu schaffen sowie generell die Qualität der schulischen Ausbildung zu sichern. Zudem sollen die Kernkompetenzen in den Grundlagenfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen gestärkt werden.
Ebenfalls dieser Prämisse folgt die KMK mit ihrer "Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I" aus dem März dieses Jahres. Für das Fach Geographie legt der Beschluss 13 bis 16 Wochenstunden in der Sekundarstufe I fest - je nach Gymnasialstruktur. Verbunden ist das mit dem Bestreben, den Schulen die Möglichkeit einzuräumen, selbständig über die Verteilung von Wochenstunden zu entscheiden. Das kann nur mithilfe frei verfügbarer Poolstunden - der so genannten "Kontingentstundentafel" - gelingen.
Alle Länder arbeiten nun an der Umsetzung dieser Beschlüsse oder haben diese Vorgaben bereits umgesetzt - daher die von Bildungssenator Klaus Böger oder auch von mir hier geäußerte Einschätzung zur Stundenzahl. Andere Länder, z.B. Thüringen oder Hessen, erteilen Geographie schon seit Jahren als einstündiges Fach epochal. Auch in Schleswig-Holstein wird am 1.1.2007 ein neues Schulgesetz in Kraft treten, das den Schulen jene eigenständige Profilbildung ermöglicht. Die Entscheidung über den Umfang des Erdkundeunterrichtes obliegt dann der Schwerpunktsetzung an der jeweiligen Schule bzw. dem Wahlverhalten der Schülerinnen und Schüler. Selbst nach dem alten Schulgesetz in Schleswig-Holstein wird übrigens Geographie nicht durchgängig als zweistündiges Fach in der Oberschule erteilt: Realschüler hatten nach dieser Regelung in der 9. Klasse gar keinen Geographieunterricht, in Hauptschulen entfielen Geographiestunden ab der 8. Klasse ganz; lernbehinderte Oberschüler erhielten grundsätzlich nur eine Wochenstunde Erdkunde. Ferner möchte - wie schon mehrfach zuvor - darauf hinweisen, dass es zu keiner zwangsläufigen Kürzung des Geographieunterrichtes an Berlins Schulen kommen muss. Vielmehr kann die jeweilige Schulkonferenz festlegen, Erdkunde auch weiterhin als zweistündiges Fach zu erteilen. Sie nutzt damit die Möglichkeit, einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt im Fächerkanon
zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit