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Frage von Gisela W. •

Frage an Klaus Wowereit von Gisela W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Wowereit!
Am 11.8.06 habe ich Sie gefragt, aus welchen Gründen das unerprobte Pflichtfach Ethik pädagogisch um so vieles wertvoller als das Fach Erdkunde ist, dessen Bedeutung für Allgemeinwissen und Bildung sich zweifelsfrei über Jahre erwiesen hat.
Sie haben in Ihrer Antwort an mich und Herrn Gross, auf die Sie verwiesen haben, nicht einen pädagogischen Grund für die enorme Bevorzugung des Faches Ethik gegenüber der Erdkunde genannt. Ich möchte Sie bitten, das noch nachzuholen - oder gibt es dafür keine Argumente?
Im Übrigen möchte ich anmerken, dass Sie Ihrer Aussage "Erdkunde bleibt weiter ein wichtiges Fach" durch die Halbierung der Anzahl der Erdkundestunden in der Mittelstufe auf eine Stunde pro Woche direkt entgegenhandeln: Ein Einstundenfach ist kein wichtiges Schulfach - das wissen alle Schüler, Eltern und Lehrer - nur Sie nicht?
In Erwartung einer Antwort mit überzeugenden pädagogischen Begründungen verbleibe ich freundlich grüßend
Gisela Wieckert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Wieckert,

Defizite in der Wertevermittlung wurden seit längerem öffentlich beklagt. Die Debatte z.B. um "Ehrenmorde" und um die Rechte von Mädchen und Frauen hat zunehmend in den Schulen stattgefunden. Zwar erfolgt die Vermittlung von Werten in der Schule auf vielerlei Weise und in vielen verschiedenen Unterrichtsfächern. Bei ihrer Entscheidung für die Einführung eines Faches zur Wertevermittlung hat sich die Berliner SPD aber von der Überzeugung leiten lassen, dass es wichtig ist - außer der Werteerziehung in den bisherigen Fächern und im freiwilligen
Religions- und Weltanschauungsunterricht - eine besondere Beschäftigung mit Werten zu einer gemeinsamen Erfahrung der Schülerinnen und Schüler zu machen.

Ethik wird, wie bereits beschrieben, Inhalte aus den bisherigen Geographiestunden behandeln, diese allerdings stärker in eine werteorientierte Debatte einbinden. Durch die gleichzeitige Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf zwölf Jahre steigt jedoch die Zahl der Wochenstunden in der siebten Klasse bereits auf 33. Hier müssen wir eine Obergrenze ziehen - es können nicht unbegrenzt Unterrichtsstunden hinzugefügt werden.

Das heißt aber eben nicht zwangsläufig, dass für Berliner Schülerinnen und Schüler künftig weniger Geographieunterricht stattfindet. Wir haben die Eigenständigkeit der Schulen gestärkt und bieten ihnen die Möglichkeit, über Profilstunden einen Schwerpunkt im Fächerkanon zu setzen. 2 bis 3 Wochenstunden dürfen die Schulen dafür in den Jahrgängen 7 bis 10 frei verteilen. Konkret bedeutet das: Wenn die Schulkonferenz einen entsprechenden Beschluss fasst, kann Erdkunde auch weiterhin mit zwei Wochenstunden erteilt werden. Überdies findet auch im Rahmen anderer Fächer eine Beschäftigung mit geographischen oder weltpolitisch aktuellen Themen statt, beispielsweise die Auseinandersetzung mit der Globalisierung, die in der Oberstufe im Unterrichtsfach Politische Weltkunde geleistet wird.

Die Reformen an den Berliner Oberschulen sind deshalb pädagogisch verantwortbar. Der Unterrichtsstoff wird nicht, wie Sie behaupten, einfach gestrichen. Im Gegenteil: Er kann, so die jeweilige Schule sich dazu entschließt, sogar erweitert werden, wenn sich sinnvolle Kooperationen zwischen den betroffenen Fächern entwickeln. Und Berlin hat bislang - auch darauf habe ich bereits hingewiesen - mehr Erdkundestunden angeboten als andere Bundesländer.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit