Frage an Klaus Wowereit von Dieter G. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Wowereit,
auch die Industrie- und Handelskammer(IHK) bedauert die Kürzung des Erdkundeunterrichts: "Die Reduzierung des Geographieunterrichts in der Mittelstufe auf jeweils nur eine Fachstunde pro Woche ist hier sicherlich ein Problem, insbesondere solange der Rahmenplan nicht auf diese Pflichtstunden-Veränderung reagiert und etwa die Wirtschaft Asiens in der Stoffvermittlung ausgespart bleibt", so in einem Schreiben des Hauptgeschäftsführers der IHK, Herrn Jan Eder, am 20. Juli an den Verfasser.
Dieses heißt konkret: In den Übergangsregelungen ergibt sich für die kommende 9. Klassenstufe, dass Asien gar nicht mehr berücksichtigt wird. Das heißt aber, dass diese Schüler in ihrem ganzen Schulleben (außer sie wählen in der Oberstufe spezielle Erdkundekurse) nie etwas über China, SO-Asien und Indien erfahren werden. Da der Kontinent Australien schon seit längerem nicht mehr in den Rahmenplänen existiert, halten wir diese neuerliche erhebliche Einengung des Weltbildes unserer Berliner Schüler für pädagogisch und politisch unverantwortlich.
Was unternehmen Sie, Herr Wowereit, damit dies nicht eintritt?
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Gross
Sehr geehrter Herr Gross,
der Rahmenplan der Senatsverwaltung für Bildung für das Schuljahr 2006/2007 sieht in der Jahrgangsstufe 7/8 im "Themenfeld 3: Ost- und Südasien - Bevölkerungsdynamik und Wirtschaftskraft" zum Beispiel vor: "Die Schülerinnen und Schüler ermitteln unter Anleitung die Wirtschaftskraft anhand ausgewählter Strukturdaten (z. B. Anteil der Sektoren am BIP, Anteil der Beschäftigten an den Sektoren) und stellen für China einen Parameter grafisch dar." Insofern kann ich Ihren Hinweis, Schülerinnen und Schüler würden im Unterricht nie etwas über China erfahren, nicht nachvollziehen.
Defizite in der Wertevermittlung wurden seit längerem öffentlich beklagt. Die Berliner SPD hat sich bei ihrer Entscheidung für die Einführung eines Faches zur Wertevermittlung von der Überzeugung leiten lassen, dass es wichtig ist - außer der Werteerziehung in den bisherigen Fächern und im freiwilligen Religions- und Weltanschauungsunterricht - eine besondere Beschäftigung mit Werten zu einer gemeinsamen Erfahrung der Schülerinnen und Schüler zu machen.
Ethik wird, wie bereits beschrieben, Inhalte aus den bisherigen Geographiestunden behandeln, diese allerdings stärker in eine werteorientierte Debatte einbinden. Es ist aber eben auch nicht zwangsläufig, dass Berliner Schülerinnen und Schüler künftig weniger Geographieunterricht haben. Wir haben die Eigenständigkeit der Schulen gestärkt und bieten ihnen die Möglichkeit, über Profilstunden einen Schwerpunkt im Fächerkanon zu setzen. 2 bis 3 Wochenstunden dürfen die Schulen dafür in den Jahrgängen 7 bis 10 frei verteilen. Konkret bedeutet das: Wenn die Schulkonferenz einen entsprechenden Beschluss fasst, kann Erdkunde auch weiterhin mit zwei Wochenstunden erteilt werden. Überdies findet auch im Rahmen anderer Fächer eine Beschäftigung mit geographischen oder weltpolitisch aktuellen Themen statt, beispielsweise die Auseinandersetzung mit der Globalisierung, die in der Oberstufe im Unterrichtsfach Politische Weltkunde geleistet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit