Frage an Klaus Uwe Benneter von Jürgen L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Benneter,
Die Abgeordneten auch der SPD-Fraktion haben in den letzten Jahren einige - wie inzwischen gerichtsnotorisch - verfassungswidrige (Sicherheitsgesetze) Gesetze verabschiedet. Dem Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung, dass in seiner verabschiedeten Form mit großer Wahrscheinlichkeit auch für verfassungswidrig erklärt werden wird, haben Sie zugestimmt. Das heute zu verabschiedende BKA-Gesetz ist ganz offensichtlich ebenfalls verfassungswidrig, wobei ich natürlich erst morgen weiß, wie Sie abgestimmt haben werden.
Bitte erklären Sie mir, wie eine Mehrzahl der dem Volk verpflichteten SPD-Abgeordneten und vor allem wie Sie als ehemaliger Juso-Vorsitzender Gesetze durchwinken können, die erkennbar nicht der Verfassung entsprechen und die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger einschränken.
Mit freundlichen Grüßen
J. Link
PS: Ich nehme an, dass Sie darauf verzichten, mir zu erklären, dass solche Gesetze hingenommen werden müssen, da sie die Sicherheit gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus erhöhen. Ein solches "Totschlagargument" zieht nicht, weil es bis jetzt nicht den geringsten Beweis dafür gibt, dass die Totalüberwachung der Bevölkerung auch nur ein einziges Verbrechen verhindern wird oder verhindert hat.
Sehr geehrter Herr Link,
auf Ihre Frage vom 12. November 2008 muss ich Ihnen widersprechen. Weder ich noch die SPD-Bundestagsfraktion verabschieden "sehenden Auges" verfassungswidrige Gesetze.
Richtig ist, dass das Bundesverfassungsgericht -und das ist gut so- bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben verschiedentlich festgestellt hat, dass einzelne Bestimmungen in Gesetzen, denen auch die SPD zugestimmt hat, verfassungswidrig waren. Als Mitglied des Innen- und Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages liegt mein ganz besonderes Augenmerk darauf, nicht nur die Verfassung einzuhalten, was selbstverständlich ist, sondern dabei auch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu berücksichtigen.
Wir haben Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. Diese Balance ist immer schwer auszutarieren. Über das BKA-G haben wir, die Fachleute im Deutschen Bundestag, über 2 Jahre diskutiert und nicht einfach irgendwelche Bestimmungen durch gewunken. Die allermeisten Vorschriften im neuen BKA-G stehen längst in allen 16 Polizeigesetzen der einzelnen Bundesländer. Neu ist lediglich die Befugnis zur Online-Durchsuchung. Diese hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zugelassen. Die dabei vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen sehr restriktiven Maßstäbe haben wir versucht, bei dem jetzigen BKA-G genauestens -teilweise im Wortlaut- einzuhalten und abzubilden.
Ich hätte mir zwar die eine oder andere Bestimmung noch anders und klarer gewünscht, konnte aber dem gefundenen Kompromiss letztlich deshalb zustimmen, weil es uns in den langwierigen Beratungen seitens der SPD-Bundestagsfraktion gelungen ist, in vielen Punkten entscheidende Verbesserungen durchzusetzen. Solche Kompromisse zu finden, gehört zu den grundlegenden Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie, die anders nicht funktionieren kann. Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass das jetzt vom Deutschen Bundestag verabschiedete BKA-G verfassungskonform ist, begrüße ich es, wenn dieses Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt wird. Denn eine solche Kontrolle und ggf. Korrektur hilft uns allen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Uwe Benneter, MdB