Frage an Klaus Uwe Benneter von Hans-Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Benneter,
wie ist es eigentlich möglich das Regierungsmitglieder und auch angesehene Manager bei nachgewiesenen Unregelmäßigkeiten zu kleinen Geldstrafen und generell Gefängnisstrafen auf Bewährung verurteilt werden . Siehe Helmut Kohl (Schweigen in der Schwarzgeldaffäre ) , Hr. Ackermann , Hr. Landowski , Manager von Siemens , Hr. Peter Hartz und viele mehr .
Ich dacht immer vor dem Gesetz sind alle gleich , Politiker , Richter und auch Manager haben Sonderrechte, eine Krähe hackt der Anderen eben nicht die Augen aus.
All diese Affären sind den Bürgern bekannt und müssen nicht extra nachgewiesen werden .
Ich würde mich freuen eine ehrliche Antwort von ihnen zu erhalten .
Mit freundlichen Gtüßen
Mehnert
Sehr geehrter Herr Mehnert,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Ihre grundlegende Vermutung, Regierungsmitglieder und Manager würden von Straferleichterungen in irgendeiner Form profitieren, teile ich jedoch nicht. Richtig ist, dass die angeführten Fälle im Licht der medialen Öffentlichkeit standen und sich viele Menschen in der Folge ein eigenes Urteil über die Schuld oder Unschuld der oder des Angeklagten gebildet haben. Die Details, die schlussendlich in jedem Prozess zu Anklage oder Freispruch führen, sind in der Regel aber nur den direkt am Verfahren Beteiligten bekannt.
Seit mehr als 20 Jahren spielen insbesondere bei besonders umfangreichen Verfahren im Bereich der Wirtschaftskriminalität sogenannte "Verständigungen" oder Urteilsabsprachen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigern eine wichtige Rolle. Diese Verständigungen - in den Medien oft salopp als "Deals" bezeichnet - sind aber keineswegs ein Privileg für ehemalige Regierungsmitglieder oder Wirtschaftsbosse! Außerdem ist es zwingende Voraussetzung für Verständigungen, dass die Grundsätze der Strafprozessordnung und des materiellen Strafrechts eingehalten werden. Das Strafmaß muss demnach der Schwere der Schuld angemessen sein. Außerdem muss die Verständigung zu einer im Sinne der Staatsanwaltschaft zufriedenstellenden Aufklärung des tatsächlichen Tatverlaufs führen. Insbesondere bei hoch komplexen Wirtschaftsdelikten kann eine solche Verständigung also eine sinnvolle Alternative zu einem monate- oder jahrelangen Prozess sein, in dem die Angeklagten schweigen. Mit Gemauschel oder Aushandeln hat das nichts zu tun.
Ich will hier nur beispielhaft auf das von Ihnen erwähnte Beispiel der VW-Betriebsratsaffäre eingehen, bei dem es ein klares Urteil auf Grundlage einer solchen Verständigung gegeben hat. Wegen Untreue und Begünstigung eines Betriebsrates wurde Peter Hartz schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von 576.000 Euro verurteilt. Richtig ist, dass die Haftstrafe auf Bewährung ausgesetzt wurde. Diese mit der Bewährung verbundene Freiheit darf man aber nicht mit einem Freispruch verwechseln! Auch ist er durch das Urteil seinen Job und seinen guten Ruf los. Eines der Hauptziele des Verfahrens war jedoch, Licht in die VW-Affäre und in die Verquickungen von Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften zu bringen. Und hierzu hat Peter Hartz mit seinem Geständnis mehr als die anderen Beteiligten beigetragen. Dieses Geständnis kam aber nur zustande, weil seine Anwälte sich im Vorfeld mit der Staatsanwaltschaft auf ein zu erwartendes Strafmaß geeinigt hatten.
Ich hoffe, Ihre Frage mit diesen Ausführungen möglichst hinreichend beantwortet und Ihr grundlegendes Vertrauen in unseren Rechtsstaat gestärkt zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Uwe Benneter, MdB