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Klaus Uwe Benneter
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Frage von Siegfried S. •

Frage an Klaus Uwe Benneter von Siegfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Benneter !

Sie haben der Vorratsdatenspeicherung zugestimmt.

Sind Sie angesichts der aktuellen Vorfälle (Telekom) immer noch
der Meinung, daß Deutschland diese Datensammlung wirklich benötigt?

Auch das BKA-gesetz macht mir erhebliche Bauchschmerzen.
Insbesondere die im neuen §20k skizzierten Eingriffe in
informationstechnische Systeme (vulgo: mein privater PC) sind in
meinen Augen jenseits von Gut und Böse. Hier stößt mir ein kleiner Satz in Nr. 7 auf:

"Erhobene Daten sind unverzüglich von zwei Bediensteten des
Bundeskriminalamtes, von denen einer die Befähigung zum
Richteramt hat, auf kernbereichsrelevante Inhalte durchzusehen".

Damit wird ja wohl der Richtervorbehalt abgeschafft. Das BKA
kontrolliert sich in diesem Falle selbst ? Gerade in diesem
sensiblen Bereich ?? Können Sie dem zustimmen ? Können Sie es mit
Ihrem Gewissen und mit unserem Grundgesetz vereinbaren, daß so etwas
Gesetz werden soll ???

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schlosser,

Sie haben Ihre Fragen meinem Berliner Kollegen Ditmar Staffelt ebenfalls gestellt. Er hat mich deshalb gebeten, Ihnen auch in seinem Namen zu antworten.

In Sachen Vorratsdatenspeicherung möchte ich Sie auf meine Antwort an Herrn Thiele vom 5.6. verweisen, der mir eine inhaltsgleiche Frage gestellt hat.

Ihre Bedenken gegenüber dem BKA – Gesetz kann ich in gewisser Weise nachvollziehen. Dennoch sollte in der Diskussion nicht vergessen werden, dass Deutschland im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus steht. So abstrakt diese Gefahr zu sein scheint, wir müssen die zahlreichen Hinweise ernst nehmen und dürfen sie nicht verharmlosen. Der Staat hat einen Schutzauftrag, den er erfüllen muss. Nach den Anschlägen vom 11.09.2001 mussten wir uns überlegen, wie wir auf diese neue Bedrohungslage reagieren bzw. sie minimieren können. Dabei war vor allem uns Sozialdemokraten klar, dass für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus nicht allein die Länder zuständig sein dürfen. Da bei aus dem Ausland drohenden Gefahren oft nicht eindeutig zu bestimmen ist, welches Land überhaupt betroffen ist, hätte eine solche Regelung zu unklaren - mitunter wahrscheinlich sogar chaotischen – Zuständigkeiten geführt. Das hätte einen erheblichen Zeitverlust zur Folge gehabt. Einen solchen können wir uns angesichts der Schwere der Gefahr, die durch den internationalen Terrorismus droht, nicht leisten. Hinzu kommt, dass das BKA in der Praxis schon heute in entsprechenden Fällen ermittelt. Nämlich dann wenn sich bei der Überprüfung herausstellt, dass die Grenze zur Strafbarkeit bereits überschritten war. In einem solchen Fall zieht die Bundesanwaltschaft den Fall an sich und beauftragt das BKA mit den Ermittlungen. Diesem Hin und Her wollten wir ein Ende bereiten. Wir haben deshalb bereits in der vergangen Wahlperiode das Grundgesetz in Art. 73 Nr. 9 a GG geändert und dem BKA die ausschließliche Präventivbefugnis zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus übertragen.

Mit dem neuen BKA-Gesetz füllen wir diese grundgesetzliche Kompetenz nun aus. Damit das BKA tatsächlich handlungsfähig ist, übertragen wir ihm mit dem neuen Gesetz die entsprechend erforderlichen polizeilichen Ermittlungsbefugnisse. Dazu gehören alle wichtigen Standardmaßnahmen, also natürlich auch die Wohnraum- und Telekommunikationsüberwachung. Die Länderpolizeien wenden diese Maßnahmen schon seit Jahren an. Es wäre widersinnig, wenn wir dem BKA angesichts der Schwere einer terroristischen Bedrohung weniger Ermittlungsmöglichkeiten geben würden. Anders als diese herkömmlichen Ermittlungsmethoden ist die Online-Durchsuchung natürlich ein Novum. Über ihre Notwendigkeit mag man geteilter Meinung sein. Aus der Praxis des BND wissen wir aber, dass er bei seinen auslandsbezogenen Ermittlungen über die Online-Durchsuchung bereits wichtige Erfolge erzielen konnte. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Kommunikation von Terrorverdächtigen zunehmend konspirativer wird. Computersysteme spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die Technik der Online-Durchsuchung ist außerdem auch zur Durchführung einer sogenannten Quellen-TKÜ erforderlich. Hierüber kann verschlüsselte, über das Internet geführte Kommunikation überwacht werden. Sie werden aus eigener Erfahrung sicherlich bestätigen können, dass Skype heutzutage keine Randerscheinung in der Kommunikation mehr ist. Die herkömmliche Telefonüberwachung hilft hier leider nicht weiter. Der Bundesparteitag der SPD hat sich deshalb im Herbst 2007 klar für die Anwendung der Online-Durchsuchung ausgesprochen.

Natürlich darf das BKA diese neuen Befugnisse nur unter strikter Beachtung unserer verfassungsrechtlichen Grundsätze anwenden. Bei der Neugestaltung des BKA – Gesetzes achten wir deshalb peinlich genau darauf, dass die Anordnung einer entsprechenden Maßnahme nur dann erlaubt ist, wenn sie verhältnismäßig ist. Hierzu gehört u.a., dass besonders eingriffsintensive Maßnahmen nur gegenüber dem Tatverdächtigen bzw. seiner Kontakt- und Begleitperson angeordnet werden dürfen. Außerdem muss der Kernbereich privater Lebenssphäre für das BKA tabu bleiben. Die Verwendung von Informationen aus dem Kernbereich privater Lebenssphäre ist deshalb grundsätzlich verfassungswidrig und nicht gestattet.

Die Tatsache, dass das Kabinett den BKA – Gesetzentwurf vergangene Woche beschlossen hat, bedeutet nicht, dass alle kritischen Punkte geklärt sind. Im Gegenteil, möglicherweise haben Sie den Medien entnommen haben, dass meine Fraktion der CDU/CSU eine umfangreiche Liste noch offener Fragen hat zukommen lassen, die im Laufe des parlamentarischen Verfahrens geklärt werden müssen. Hierzu gehört auch die Frage, wie die Kernbereichkontrolle bei der Online-Durchsuchung gewährleistet werden kann. Sie haben Recht, dass die derzeitige Kabinettsfassung den Richter bei eben dieser Kontrolle nicht vorsieht. Sie können aber sicher sein, dass wir die Kernbereichskontrolle nicht den BKA-Beamten allein überlassen werden. Eine behördeninterne Überwachung ist nach Auffassung der SPD mit der Bedeutung des Kernbereichsschutzes nicht vereinbar. Bei der derzeitigen Fassung des § 20 k Abs. 7 BKA - Gesetzes wird es deshalb nicht bleiben. Wir haben uns in den vergangenen Wochen bereits intensiv mit alternativen Kontrollkonstellationen beschäftigt. Wie die Kontrolle am Ende aussehen wird, kann ich Ihnen zum derzeitigen Zeitpunkt leider noch nicht sagen. Es steht aber fest, dass auch behördenunabhängige Personen zur Kontrolle herangezogen werden. Wir werden im Herbst eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf im Innenausschuss durchführen. Dabei wird Gelegenheit sein, die Frage einer sachgerechten und praxistauglichen Kernbereichskontrolle auch noch einmal mit ausgewiesenen Experten zu erörtern. Den Richtervorbehalt haben wir entgegen Ihrer Auffassung nicht gestrichen. § 20 k Abs. 7 sieht ausdrücklich vor, dass die Maßnahme nur auf Antrag des Präsidenten des BKA oder seines Vertreters durch das Gericht angeordnet werden darf.

Die Neuregelung des BKA gehört mit zu den sensibelsten und wichtigsten Gesetzesvorhaben der laufenden Legislaturperiode. Ich kann Ihnen versichern, dass ich meine Verantwortung sehr ernst nehme und ein verfassungswidriges Gesetz nicht zulassen werde.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Uwe Benneter, MdB