Frage an Klaus Uwe Benneter von Jens T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie beurteilen Sie die Vorratsdatenspeicherung nach dem jüngsten Telekom Skandal? Insbesondere würde mich interessieren ob sie heute meine Fragen vom 09.11.2007 ( http://www.abgeordnetenwatch.de/klaus_uwe_benneter-650-5866--f78306.html ) anders beantworten würden? Ist Ihnen ein ähnlich gelagerter Skandal in Griechenland bekannt und wenn ja wie beurteilen Sie die dort erhobene Strafe von 76 Millionen Euro?
Sehr geehrter Herr Thiele,
Sie haben Recht, nach dem zuvor für mich unvorstellbaren Telekom-Skandal müsste ich Ihnen natürlich heute zu den Punkten 1 und 2 andere Antworten geben. Dennoch darf ich daran erinnern, dass die Vorratsdatenspeicherung eine europarechtliche Verpflichtung war, die wir umsetzen mussten. Daran ändert auch der Skandal bei der Telekom nichts. Die aktuell diskutierten Fälle haben sich übrigens schon vor Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ereignet. Denn schon damals durfte die Telekom Daten zu Abrechnungszwecken speichern.
Um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Wir haben mit der Vorratsdatenspeicherung einen Rahmen gesetzt, zu dem wir europarechtlich verpflichtet sind. Die Telekom hat hier, ohne irgendeinen Rahmen zu beachten, klar gegen Gesetze verstoßen. Und das ist der eigentliche Skandal. Leider müssen wir in letzter Zeit immer häufiger feststellen, dass Großunternehmen wie Siemens, Lidl und jetzt die Telekom Gesetze missachten. Ich bin aber nach wie vor der festen Überzeugung, dass auch der Staat kein Garant für eine missbrauchsfreie Verwendung der Telekommunikationsverbindungsdaten ist. Insofern teile ich die Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten, Herrn Schaar, dass der Datenschutz bei den Unternehmen nicht schlechter ist als im staatlichen Bereich. Herr Schaar geht sogar soweit zu behaupten, dass eine Zentralisierung der Daten beim Staat die Begehrlichkeiten noch vergrößert. Letztendlich ist die Verfügbarkeit von sensiblen Daten immer verlockend – egal wo. Insofern lässt sich natürlich nicht leugnen, dass die Vorratsdatenspeicherung solche Begehrlichkeiten noch schüren kann. Die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung ist aber nicht die Lösung des Problems. Es muss weiterhin möglich sein, Telekommunikationsverbindungsdaten zur Verfolgung schwerster Kriminalität heranzuziehen. Denn sie spielen angesichts des veränderten Kommunikationsverhaltens bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit eine enorme Rolle. Viel wichtiger ist es, das Datenschutzbewusstsein und die Datenschutzkultur zu verbessern. Zur Förderung eines solchen Bewusstseinswandels brauchen wir eine gestärkte Datenschutzaufsicht: Der Bundesdatenschutzbeauftragte muss die Möglichkeit unangekündigter Kontrollen in Unternehmen bekommen. Außerdem müssen technischen Möglichkeiten zur Vorbeuge von Datenmissbrauch besser genutzt werden. Einen wichtigen Aspekt spielt auch die Sicherstellung einer manipulationsfesten Protokollierung von Datenzugriffen. Natürlich müssen auch die Sanktions- und Bußgeldvorschriften verschärft werden. Ein Bußgeld in Höhe von 300.000 Euro zahlen große Unternehmen aus der Portokasse. Klar ist aber auch, dass das griechische Strafrecht bei den vorzunehmenden Verschärfungen kein Maßstab sein kann. Denn es weicht erheblich vom deutschen Strafrechtssystem ab. Die Verhängung einer Geldstrafe gegenüber einem Unternehmen ist in Deutschland nicht möglich, da bei uns das Schuldprinzip gilt, wonach sich nur eine natürliche Person strafbar machen kann.
Bei all den genannten Aspekten sind wir als Politiker gefordert. Freiwillige Selbstverpflichtungen reichen auf keinen Fall aus. Sie können sicher sein, dass wir das Thema sehr ernst nehmen und uns genau überlegen, wie wir die bestehenden Gesetze hier schärfen und den Datenschutz stärken können.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Uwe Benneter, MdB