Frage an Klaus Uwe Benneter von Roberto G. bezüglich Recht
Herr Klaus Uwe Benneter,
wie sicher können Sie ausschließen das die Europäische Union, als Superstaat durch den "Reformvertrag" alias EU Verfassung nicht in einen neuen Faschismus fällt?
Ist es möglich das die westliche Welt sich mit ihren sogenannten Anti-Terror-Gesetzen garnicht gegen die uns präsentierten Feindbilder a la Osama Bin Laden und Co schützen will, sondern gegen die eigene Bevölkerung? Für den Fall von Hungersnot und Armut während der Hyperinflation + Depression ?
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Gatelli,
gestatten Sie mir vorab eine kurze Bemerkung zu Ihren Fragen: Ich finde es grundsätzlich gut und wichtig, politische Vorhaben auf ihre Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Ihre Skepsis geht aber zu weit!
Das Entstehen eines neuen Faschismus würde ich nie sicher ausschließen wollen, denn so grausam faschistische Regime waren und sind, müssen wir leider immer wieder feststellen, dass derartige Bewegungen einen Nährboden finden. Hingegen kann ich sicher ausschließen, dass der Reformvertrag einen solchen Nährboden bietet, kennzeichnend für faschistische Regime ist ihr diktatorischer Führungsstil, der regelmäßig mit der Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten einhergeht, freie Wahlen und Gewaltenteilung gibt es in Diktaturen nicht. Die Strukturen, die der Reformvertrag schafft, stehen einer Diktatur diametral entgegen.
Europa wird durch den Vertrag von Lissabon demokratischer und sozialer. Die Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung werden durch den neuen Reformvertrag erheblich gestärkt. Mit der „Charta der Europäischen Grundrechte“ wird der weltweit modernste Katalog von Grundrechten rechtsverbindlich und kann von den Menschen vor den jeweiligen Gerichten eingeklagt werden. Alle Bürgerkammern – sowohl die nationalen als auch das Europäische Parlament – erhalten erheblich mehr Kompetenzen. Mit dem europäischen Volksbegehren wird zusätzlich ein Element der direkten Demokratie auf EU-Ebene eingeführt. Der Vertrag ist der sozialste Europavertrag, der bisher erarbeitet wurde. Ein neuer Zielkatalog verpflichtet die Union und ihre Organe zu einer Politik der Vollbeschäftigung, des sozialen Fortschritts, der Bekämpfung von Ausgrenzung und Armut sowie zur nachhaltigen Entwicklung. Diskriminierungen aus ethnischen, religiösen oder geschlechtlichen Gründen sind in der EU verboten.
Zwar bekommt die EU durch den Vertrag eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Das bedeutet aber nicht, dass die EU ähnlich der USA zu einer Art „Weltpolizist“ wird. Im Vertrag von Lissabon verpflichtet sich die EU eindeutig, nur in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zu handeln und Militärmissionen nur im Auftrag der Völkergemeinschaft durch ein UNO-Mandat zu ermöglichen. Dies sind keine Kriegs-, sondern Friedensmissionen. Die EU setzt in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik auf Friedenserhaltung und Konfliktvermeidung. Das hat sich zum Beispiel die Mission in der Demokratischen Republik Kongo gezeigt.
Auch Ihre weiteren Fragen halte ich für abwegig. Mit den Anti-Terror-Gesetzen stärken wir die Sicherheitsarchitektur Deutschlands. Inhaltlich geht es dabei darum, die Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Polizei auf rechtsstaatlich kontrollierter Basis zu verbessern und polizeiliche Ermittlungsarbeit effektiver zu machen. Mit einem Schutz gegen die eigene Bevölkerung hat das nichts zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Uwe Benneter, MdB