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Klaus Uwe Benneter
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Frage von Bernd F. •

Frage an Klaus Uwe Benneter von Bernd F. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Benneter,

in der ZEIT online 5.2.2008 wird berichtet:

"Bundeswehrsoldaten werden die Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende bewachen. Ein Einsatz im Inneren sei dies jedoch nicht, sagt das Verteidigungsministerium...

Klaus-Uwe Benneter, Innenpolitikexperte der SPD-Fraktion, ist da ganz anderer Meinung. "Natürlich ist das ein Einsatz im Inneren", sagte er ZEIT online. Es sei ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz und im Übrigen "ein starkes Stück", seien doch sogar mehr Soldaten als Bundespolizisten im Einsatz. Schließlich handele es sich nicht um eine Veranstaltung der Bundeswehr. Dass dies offenbar schon seit Jahren geschehe, mache es nicht besser..."
http://www.zeit.de/online/2008/06/sicherheitskonferenz-bundeswehr?page=all

Wenn hier, sehr geehrter Herr Benneter, gegen die Verfassung verstoßen wird, was werden Sie dagegen unternehmen?

Gleichzeitig lese ich online
"Streit um Verfassungsrichter - CDU eins mit Grünen und Linken"
http://www.n-tv.de/912848.html
dass Ihre Partei, die SPD, den Rechtsprofessor Horst Dreier für das BVG vorgeschlagen hat, den Spiegel-Online wie folgt beschreibt:

"Dreier gilt laut SPIEGEL eher als Pragmatiker. Er hält es beispielsweise für denkbar, den Würdeschutz verschiedener Menschen gegeneinander abzuwägen – etwa wenn es darum geht, mit der Folter eines Bombenlegers viele Unschuldige zu retten."
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,528244,00.html

Da Sie Mitglied des Wahlausschusses des Deutschen Bundestages sind, der "die Wahl der vom Bundestag zu wählenden Richter übernimmt",
http://www.bundestag.de/parlament/gremien/wahlausschuss/index.html
frage ich Sie, wie Sie die Personalie Dreier verantworten wollen, der klar gegen den Grundsatz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" verstößt?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Lieber Bernd Feiden,

die Praxis des Bundeswehreinsatzes, die sich offenbar seit Jahren bei den Münchner Sicherheitskonferenzen eingespielt hat, halte ich nicht für richtig. Die Absicherung von privat organisierten Veranstaltungen, seien sie auch noch so politisch erwünscht und international bedeutsam, ist und bleibt eine polizeiliche und keine militärische Aufgabe. Wenn sich hier über die Jahre Nachlässigkeiten im Umgang mit Bundeswehreinsätzen eingespielt haben, ist dringend Einhalt und Klarheit geboten. Deshalb hat sich auf meinen Antrag hin auch der Innenausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Thema befasst.

Sie fragen mich außerdem zu Prof. Dreier. Ich bin wirklich entsetzt darüber, wie es passieren konnte, dass ein hochangesehener Verfassungsrechtler als Kandidat für das Bundesverfassungsgericht nun plötzlich im ganzen Land als Folterbefürworter dargestellt wird. Die von Ihnen wiedergegebenen Behauptungen über Prof. Dreier treffen nicht zu. Sie schreiben, er halte es „für denkbar, den Würdeschutz verschiedener Menschen gegeneinander abzuwägen – etwa wenn es darum geht, mit der Folter eines Bombenlegers viele Unschuldige zu retten.“

In seinem rund 100 Seiten umfassenden Kommentar zu Artikel 1 des Grundgesetzes (GG) führt Professor Dreier in einem Teilabschnitt über die „Unantastbarkeit der Menschenwürde“ unter den Randnummern 131 und 132 aus, dass es die Unantastbarkeit der Menschenwürde verbiete, die Menschenwürde mit /anderen Werten von Verfassungsrang/ abzuwägen, da sie absoluten Vorrang vor diesen anderen Werten habe. Sie habe nach herrschender Auffassung auch Vorrang vor dem Leben, so dass selbst der Schutz des Lebensrechts einer Geisel die polizeiliche Folter des mutmaßlichen Täters mit dem Ziel, ihn zur Preisgabe des Aufenthaltsorts des Opfers zu zwingen, nicht rechtfertigen könne.

Professor Dreier bezieht in seine weitere Ausführung sodann den denkbaren Fall ein, in dem Menschenwürde auf Menschenwürde trifft. Da es hier um gleiche Werte von Verfassungsrang geht, ist seine Feststellung vollkommen zutreffend, dass hier das Dogma vom absoluten Vorrang der Menschenwürde nicht weiterhilft. Die in einem solchen Kollisionsfall zum Schutz der Menschenwürde verpflichteten Staatsorgane könnten sich daher, so Professor Dreier, mit zwei prinzipiell gleichwertigen Rechtspflichten konfrontiert sehen, die beide aus Artikel 1 GG folgten. Für diesen Fall gibt Professor Dreier aber keine „Lösung“ vor, sondern er sagt im folgenden Satz lediglich, dass bei der Beurteilung solcher Fälle „der Rechtsgedanke der rechtfertigenden Pflichtenkollision nicht von vornherein ausgeschlossen sein“ dürfte.
Diesen Gedanken von Professor Dreier in ein Folter-Plädoyer „ummünzen“
zu wollen, halte ich im Hinblick auf seine Ausführungen für unlauter.

Ich empfehle Ihnen die Lektüre seiner Kommentierung ausdrücklich. Sie ist ausgesprochen lesenswert.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Uwe Benneter, MdB