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Klaus Uwe Benneter
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Frage von Benjamin S. •

Frage an Klaus Uwe Benneter von Benjamin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Benneter,

wie sie bemerkt haben ist der Grat schmal, denn zählen Sie z.B. die E-Mails die Sie in Ihrer Funktion verschicken nicht auch als "Geschäftspost" und behandeln Sie auch völlig gleichwertig zu "Papierpost"?

Eine Frage habe ich noch an Sie. Sie schreiben: "Ich bin überzeugt, dass sowohl die Telekommunikationsüberwachung als auch die Erhebung der Verkehrsdaten für die Terrorismusbekämpfung von Bedeutung sind. Dies ist eine notwendige Folge aus dem geänderten Kommunikationsverhalten der Bürgerinnen und Bürger."

Sie erwarten also durch die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes eine terroristische Bedrohung?

(eine kleine Bemerkung sei mir noch erlaubt: Die Anschläge in Madrid konnte mithilfe von Daten erhoben werden, die auch schon vor einer VDS erhoben wurden. Sie können also im Zweifelsfall nur als Beispiel dafür dienen, wie gut die bis dahin möglichen Mittel funktionierten.)

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sparenborg,

ich nehme an, dass Sie mit dem Vergleich von „Papierpost“ und den E-Mails, die ich in meiner Funktion als Bundestagsabgeordneter verschicke, darauf anspielen, dass der Zugriff auf die Verbindungsdaten von Abgeordneten nach § 160 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) generell untersagt ist. In dieser Regelung bilden wir das ab, was uns unsere Verfassung in Art. 47 GG vorgibt: Art. 47 Satz 1 GG erklärt ausdrücklich, dass Abgeordnete über Tatsachen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Volksvertreter anvertraut wurden, zeugnisverweigerungsberechtigt sind. Diese Bestimmung schützt die ungehinderte Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürgern. Dadurch ermöglicht sie die Bildung eines Vertrauensverhältnisses. Das stärkt wiederum die Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten und sichert seine Unabhängigkeit und damit die Funktionsfähigkeit unseres Parlaments. Art. 47 Satz 2 GG enthält ein Beschlagnahmeverbot für Schriftstücke, die sich auf Tatsachen beziehen, die dem Abgeordneten im Sinne des Satzes 1 des Grundgesetzartikels anvertraut wurden. Hierüber wird sichergestellt, dass mit der Beschlagnahme der Schutz des Kommunikationsverhältnisses nicht ausgehebelt werden kann. Auch das stärkt natürlich die Freiheit des Mandats. Wenn nun das Grundgesetz schon bei der Beschlagnahme als einer offenen Ermittlungsmaßnahme den absoluten Schutz des Abgeordneten vorsieht, dann muss dieser absolute Schutz erst recht für verdeckte Ermittlungsmaßnahmen und damit auch für den Zugriff auf die Telekommunikationsverbindungsdaten gelten. Diesen absoluten Schutz genießen nach der beschlossenen Novelle der StPO übrigens nicht nur die Abgeordneten, sondern auch Geistliche und Verteidiger. Beide Berufsgruppen sind laut Bundesverfassungsgericht besonders schutzwürdig. Journalisten und Mitarbeiter aus dem Bereich der Beratungs- und Heilberufe haben wir unter einen leicht abgestuften Schutz gestellt, der eine besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung der Ermittlungsmaßnahme vor ihrer Durchführung erforderlich macht. In Bezug auf die Journalisten lässt sich dieser relative Schutz mit der besonderen Bedeutung der Presse- und Rundfunkfreiheit erklären. Grund für den relativen Schutz der Beratungs- und Heilberufen ist die Tatsache, dass es bei Gesprächen im therapeutischen Bereich häufig um Informationen aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung geht.

Der Vorwurf, wir würden mit der Vorratsdatenspeicherung alle Bürgerinnen und Bürger unter den Generalverdacht stellen, potentielle Terroristen zu sein ist weder neu noch richtig. Natürlich bedeutet die Vorratsdatenspeicherung eine umfassende Speicherpflicht in Bezug auf die Telekommunikationsverbindungsdaten. Sie bedeutet aber gerade nicht, dass künftig gegen alle Bürgerinnen und Bürger willkürlich strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet werden dürfen. Bereits vor der Einführung der Vorratsdatenspeicherung durften diese Daten durch die Strafverfolgungsverfolgen unter strikten Voraussetzungen zu Ermittlungszwecken herangezogen werden. Hieran wird sich durch die Vorratsdatenspeicherung nichts ändern. Es gilt weiterhin, dass der Zugriff auf diese Daten nur nach richterlichem Beschluss möglich ist. Außerdem muss der Verdacht bestehen, dass der Beschuldigte eine in § 100 a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) genannte schwere Straftat begangen hat bzw. dass die Straftat mittels Telekommunikation begangen wurde. Sollte die Straftat mittels Telekommunikation begangen worden sein, ist zusätzlich erforderlich, dass andere Ermittlungsmaßnahmen keine Erfolgsaussichten haben und der Zugriff auf die Verbindungsdaten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Diese beiden einschränkenden Voraussetzungen haben wir zusammen mit der Vorratsdatenspeicherung eingeführt und damit den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der alten Rechtslage verbessert.

Noch eine letzte Bemerkung zu den Anschlägen von Madrid: Fakt ist, dass bei den Ermittlungen die Verbindungsdaten eine entscheidende Rolle gespielt haben und dass sich dadurch belegen lässt, dass sie für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden heutzutage eine wichtige Rolle spielen. Nur darauf kommt es letztlich an.

Ich kann verstehen, dass man über die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung geteilter Meinung ist. Zu ihrer Einführung gab es aber keine Alternative. Näheres hierzu lesen Sie bitte in meiner Antwort an Herrn Kerkhoff.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Uwe Benneter, MdB