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Klaus Uwe Benneter
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Frage von Karsten B. •

Frage an Klaus Uwe Benneter von Karsten B. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Benneter,
ich arbeite in einer Kirchengemeinde in Neukölln und jeden Montag kommen zwischen 150 und 250 Familien, um sich zusätzliche Lebensmittel abzuholen. Viele würden gerne arbeiten, viele können nicht mehr arbeiten. 1. Wie wollen sie für mehr Arbeitsplätze sorgen, von denen man/frau auch leben kann. 2. Was halten Sie von einem Bürgergeld, von dem man/frau auch leben kann.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Böhm

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Böhm,

vielen Dank für Ihre Frage vom 8. August 2009.

In Deutschland ist der Niedriglohnsektor in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Viele Menschen verdienen dort trotz Vollzeitarbeit aber so wenig, dass sie zusätzlich Unterstützung vom Staat brauchen. Wenn ein Tarifvertrag Stundenlöhne von nur fünf Euro regelt, ergibt das einen Bruttomonatsverdienst von unter 1000 Euro. Das ist in einem der reichsten Länder der Welt ein gesellschaftlicher Skandal. Aus Angst um den Arbeitsplatz akzeptieren viele Beschäftigte dennoch dieses Einkommensniveau. Ein menschenwürdiges Leben ist davon nicht möglich, die Altersarmut vorprogrammiert.

Unsere sozialdemokratische Antwort auf diese Entwicklung ist ein flächendeckender Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro. Die CDU/CSU lehnt das strikt ab. Dabei würde ein flächendeckender Mindestlohn auch helfen, die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern zu schließen, weil gerade Frauen immer noch in strukturell gering bezahlten Bereichen arbeiten.

Die SPD gibt sich mit der unsozialen Blockadepolitik der Union dennoch nicht zufrieden: Wir haben in der Großen Koalition gegen den Widerwillen der Union eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und die Neufassung des Mindestarbeits-bedingungengesetzes durchgesetzt, um mehr Branchen gegen Dumpinglöhne abzusichern. Davon profitieren mittlerweile 3,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer, im Bauhandwerk, im Dachdeckergewerbe, im Postdienstleistungsgewerbe oder bei den Gebäudereinigern.

Diesen Weg gehen wir konsequent weiter. Wir werden in möglichst vielen Branchen allgemeinverbindliche tarifliche Mindestlöhne ermöglichen. Und wir werden überall dort Mindestarbeitsbedingungen vorantreiben, wo die Sozialpartner dazu aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage sind.

Zu Ihrer zweiten Frage:

Ein Bürgergeld lehne ich ab. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Vorschlägen, vor allem in der Höhe des Transfers: 600, 800, 1000 Euro monatlich (davon sollen noch einmal 200 Euro sogenannte Gesundheitsprämie abgehen). Das Bürgergeld hat einen großen Vorteil: Seinen Namen. Er verspricht Gerechtigkeit und Freiheit. Aber nur auf den ersten Blick.

Das Bürgergeld ist aber nicht nur unfinanzierbar (Berechnungen gehen von Kosten in Höhe von 740 Milliarden Euro jährlich aus), es ist auch zutiefst unsozial. In unserem Sozialsystem gilt der bewährte Grundsatz, dass starke Schultern für sich selbst sorgen und mehr zur Finanzierung des Sozialstaats beitragen als schwache Schultern. Wenn mit einem Bürgergeld jeder Anspruch auf die Leistung hätte, wäre dieser Grundsatz dahin und Menschen würden das Geld erhalten, die es überhaupt nicht benötigen.

Viele Bedürftige hätten mit einem Bürgergeld auch weniger Geld in der Tasche als vorher. Ein ALG-I-Empfänger erhält heute durchschnittlich 780 Euro monatlich, ein ALG-II-Empfänger inklusive der Wohnkosten durchschnittlich 700 Euro. Das ist mehr als ein Bürgergeld in Höhe von zum Beispiel den vorgeschlagenen 600 Euro.

Ein Bürgergeld blendet auch die vielen unterschiedlichen Ursachen von Armut aus. Nicht immer ist Geldknappheit ihre Ursache: Oftmals sind fehlende Chancen aktiver Teilhabe, mangelnde Bildung oder ein Migrationshintergrund die wahren Gründe. Da müssen wir ansetzen, das heißt für mich Sozialstaat. Ein Staat der aktiviert, ermutigt, Chancen eröffnet und seine Bürger nicht mit einem Bürgergeld nur alimentiert.

Meine Meinung zusammengefasst: Finanzielle Unterstützung nicht mit der Gießkanne, aber überall dort, wo Not aus den unterschiedlichsten Gründen herrscht.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Uwe Benneter, MdB