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Klaus Riegert
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Frage von Paul H. •

Frage an Klaus Riegert von Paul H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herrn Riegert,
nachfolgend habe ich ein paar fragen an Sie:

1) was halten Sie von HARTZ IV?

2) Wenn Nachbessern, was würden Sie wie nachzubessern vorschlagen?

3) wie stehen Sie zum Thema direkte Demokratie?

4) Falls im Bundestag über die Einführung von bundesweiten Referenden (Mehrzahl von Referendum) entschieden würde, was würden Sie dann tun?
a) sich der MEINUNG DER FRAKTION ANSCHLIESSEN
b) nach EIGENEN PERSÖNLICHEN MEINUNG entscheiden

5) warum ist für Sie eine CDU/CSU-Koalition mit den Grünen/Bündnis90ern undenkbar?

6) WANN BEANTWORTEN SIE DIE HIER GESTELLTEN FRAGEN?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Heiding,

vielen Dank für Ihre 6 Fragen. Hier meine Antworten:

*Hartz IV*
Der umfangreiche Nachbesserungskatalog des Ombudsrates ist der amtliche Beleg dafür, dass Hartz IV an vielen Stellen schlampig vorbereitet worden ist. In drei Jahren sollte die Arbeitslosigkeit nach Peter Hartz um 2 Millionen gesenkt werden. Im Sommer 2002, als das Hartz-Konzept der staunenden Öffentlichkeit präsentiert wurde, waren 4 Millionen Menschen arbeitslos. Die Zahl müsste also heute bei 2 Millionen liegen. Tatsächlich sind es fast 5 Millionen. Der einzige Erfolg der Hartz-Reformen sind die Mini-Jobs. Hier wurde ein Konzept der Union "1 zu 1" umgesetzt. Wir haben für die Zeit nach der Bundestagswahl eine "Generalüberprüfung aller Hartz-Instrumente" angekündigt: Alles, was ineffizient ist, wird eingestellt. Alles, was erfolgreich ist, wird fortgeführt. So hat sich beispielsweise die Ich-AG als ineffektives Arbeitsmarktinstrument erwiesen. Zu viele Unternehmensgründungen zielen nur darauf ab, staatliche Zuschüsse abzugreifen, statt sich mit Erfolg versprechenden Geschäftsideen am Markt zu etablieren. Wir schaffen sie ab, wobei für bereits genehmigte Ich-AG´s Bestandschutz gilt.

*Direkte Demokratie*
Gegen die Aufnahme plebiszitärer Ele­menteinin in das Grundgesetz über den Fall der Neuglie­derung des Bundesgebietes (Art. 29 GG ) hinaus, etwa in Form von Volksbefragung, Volksbegehren und Volksentscheid, sprechen folgende Erwägungen:

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben aus den Erfahrungen der Weimarer Verfassung die Lehren ge­zogen und die grundgesetzliche Demokratie als eine strikte repräsentative Demokratie ausgestaltet. Diese Entscheidung hat der Bundesrepublik Deutschland über 40 Jahre politische Stabilität beschieden. Das parlamentarisch-repräsentative System hat sich, aufs Ganze gesehen, bewährt.

Plebiszitäre Entscheidungen können der Vielschichtig­keit und Kompliziertheit der heutigen Staatsaufgaben nicht gerecht werden. Eine Reduktion auf eine Ja/Nein-Entscheidung verengt das Spektrum der sach­lich möglichen Problemlösungen und schließt den Kompromiß als entscheidendes Element integrativer Staats­tätigkeit aus. Volksentscheide über Einzelprobleme verwirklichen punktuelle Lösungen anstelle einer ab­gestimmten politischen Gesamtkonzeption.

Außerhalb überschaubarer Verhältnisse begründen plebiszitäre Entscheidungen die Gefahr der Entrationa­lisierung des politischen Entscheidungsprozesses (Stichworte: "Todesstrafe", "Ausländer raus").

Die plebiszitären Erfahrungen in den Ländern sind nicht auf den Bund übertragbar. Plebiszite auf Länder­ebene oder Kommunal ebene sind eher praktikabel, da die Verhältnisse dort überschaubarer, weniger kom­plex, sind.

Plebiszite führen nicht notwendig zu einem "mehr" an Demokratie; Bei geringen Quoren und Beteiligungsquo­ten entscheiden Minderheiten; der Einfluß gut organi­sierter Vertreter von Partikularinteressen nähme zu.

Plebiszitäre Entscheidungsformen bergen die Gefahr einer "schleichenden" Abwertung des Parlaments in sich. Wegen des Anscheins der höheren Legitimität eines "unmittelbaren Volksgesetzes" gegenüber dem "mittelbaren Parlamentsgesetz" könnte der Trend dahin gehen, das Parlament nur noch in den weniger wich­tigen Fragen entscheiden zu lassen. Entscheidungsfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Parla­ments können dadurch beeinträchtigt werden, daß in schwierigen, politisch sensiblen Fragen Plebiszite dem Entscheidungsträger eine Flucht aus der Verant­wortung ermöglichen.

Plebiszite führen zu einer Schwächung föderaler Struk­turen. Für die in Art. 79 Abs. 3 vorgesehene grund­sätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes wäre kein Raum mehr, wenn das Bundesvolk als Gesetzgeber entscheidet.

So wie beim Schwangerschaftsabbruch, dem Einsatz der Bundeswehr im Kosovo oder in Mazedonien: In allen Fragen, die an die Substanz unserer Verfassung gehen oder an meinen grundlegenden Überzeugungen rütteln, entscheide ich nur nach meinem Gewissen. Und dazu gehört auch die Frage direkte oder repräsentative Demokratie.

*Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen*
Woher wissen Sie, dass für mich eine Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen undenkbar ist? Undenkbar ist sie schon gar nicht. Frage ist, ob sie machbar ist. Auf kommunaler Ebene haben wir sie doch längst. Auf Bundesebene sehe ich derzeit nicht genügend politische Schnittmengen. Eine Koalition mit Herrn Metzger, oder auch Werner Schulz hielte ich für machbar. Nicht aber mit dem derzeitigen Führungspersonal und dessen Inhalten.

Was soll die *6. Frage*?
Abgesehen davon, dass sie sich mit meiner Antwort erledigt hat, sollten Sie meinen Kollegen und mir durchaus längere Fristen für die Antworten zubilligen. Wir sitzen nicht ständig gebannt am Computer und warten auf Fragen. Wir haben vor Ort in unseren Wahlkreisen auch eine Menge andere Verpflichtungen, denen wir nachkommen müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Riegert.