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Klaus-Peter Flosbach
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Frage von Josef W. •

Frage an Klaus-Peter Flosbach von Josef W. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Flosbach,
Sie haben gegen eine Kennzeichnungspflicht von Honig und Mais gestimmt. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum der Verbraucher nicht entscheiden soll genmanipulierte Lebensmittel zu kaufen, denn das ist nun bei z.B. Honig nicht mehr möglich. Ich wäre ihnen dankbar, wenn sie mir ihre Gründe mitteilen könnte.
MfG
Josef Wickenbrock

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wickenbrock,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich Ihnen einige Informationen weiterleiten, die darlegen, warum ich und meine Fraktion nicht für diesen Antrag stimmen konnten.

Zunächst zum Hintergrund:
Nach dem sogenannten „Honig-Urteil“ des Europäischen Gerichtshof (EuGH) darf Honig, der gentechnisch veränderten Pollen enthält, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn für diesen Pollen eine Zulassung nach dem EU-Gentechnikrecht als Lebensmittel vorliegt. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen die EU-Kommission und die nationalen Verwaltungsbehörden davon aus, dass der gentechnisch veränderte Pollen keine Lebensmittelzulassung braucht. In seinem Urteil hat der EuGH das geltende Recht zudem so ausgelegt, dass Pollen als Zutat des Honigs einzustufen sei.
Deutschland hat die Feststellung des EuGH, dass gentechnisch veränderter Pollen eine Zulassung als Lebensmittel benötigt, umgehend umgesetzt. Honige, die gentechnisch veränderten Pollen ohne Lebensmittelzulassung enthielten, wurden vom Markt genommen und werden dies auch heute noch. Die Kennzeichnung von Pollen als Zutat wurde allerdings in keinem EU-Mitgliedstaat in der Praxis umgesetzt. Dies liegt unter anderem daran, dass Pollen faktisch ein natürlicher Bestandteil von Honig und keine Zutat ist und die Kennzeichnung zu einem erheblichen, auch finanziellen Aufwand für die Imker, die Lebensmittelwirtschaft und den Handel geführt hätte.
Außerdem hat die Kommission eine Änderung der Honig-Richtlinie vorgeschlagen, die diese Kennzeichnung entbehrlich macht. Sie stellt klar, dass Pollen in Honig ein natürlicher Bestandteil und keine Zutat ist. Damit soll die bisherige Praxis in allen Mitgliedsstaaten, wonach Pollen (und damit auch gentechnisch veränderter Pollen) im Honig nicht als Zutat gekennzeichnet wird, rechtlich abgesichert werden und die Feststellung des EuGH, dass gentechnisch veränderter Pollen im Honig eine Zulassung als Lebensmittel benötigt, unangetastet bleiben.

Nun zu der von Ihnen angesprochenen Abstimmung:
In dem von Ihnen angesprochenen Antrag forderten die Grünen die Bundesregierung auf, sich in den laufenden Trilogverhandlungen zur Änderung der EU-Honig-Richtlinie dafür einzusetzen, dass Pollen gemäß dem sogenannten Honig-Urteil des EuGH als eine Zutat von Honig eingestuft wird. Als Konsequenz müsse Honig, der Pollen von gentechnisch-veränderten Pflanzen enthält, als genetisch verändert gekennzeichnet werden. Das diene der Transparenz für die Verbraucher.
In dem angesprochenen Trilog-Verfahren wurde allerdings bereits eine Einigung erzielt und das Verfahren abgeschlossen, so dass die Forderungen der GRÜNEN ins Leere gehen.

Warum ist es, neben dem Argument, dass Pollen ein natürlicher Bestandteil des Honigs ist, nicht praktikabel, Pollen als Zutat des Honigs einzustufen und somit Honig mit gentechnisch-veränderten Pollen einer Kennzeichnungspflicht zu unterziehen?
Der Anteil des Pollens beträgt nur ungefähr 0,01 bis maximal 0,5 Gramm je Kilogramm Honig. Im Normalfall sind es ungefähr 0,03 Gramm je Kilogramm Honig. Das entspricht 0,003 %. Die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln ist nach dem EU-Recht grundsätzlich erst dann vorgeschrieben, wenn sie einen Anteil von 0,9 % überschreiten. Diesen Wert hatten EU-Parlament und Ministerrat 2002 festgelegt. Wie alle Mitgliedsstaaten stimmte auch die damalige grüne Verbraucherministerin Renate Künast im EU-Agrarministerrat diesem Wert zu.
Ob ein Honig gentechnisch veränderten Pollen enthält, kann mit einer Laboranalyse festgestellt werden. Es gibt jedoch derzeit keine Analysemöglichkeiten, mit denen zuverlässig festgestellt werden könnte, ob der Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % gentechnisch veränderter Pollen am Gesamtpollen überschritten wurde. Das heißt: Wenn der Pollen als Zutat eingestuft würde, wäre eine zuverlässige Quantifizierung des Anteils des gentechnisch veränderten Pollens im Gesamtpollen derzeit nicht möglich. Eine Regelung, die den Pollen als Zutat einstuft, wäre also in der Praxis nicht umsetzbar. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass der gesamte Anteil wasserunlöslicher Stoffe im Honig einschließlich Pollen gemäß der Honig-Richtlinie ohnehin nur 0,1 % betragen darf (Ausnahme Presshonig mit 0,5 %).
Würde man gentechnisch veränderten Pollen als Zutat einstufen, wäre der gentechnisch veränderte Pollen bereits ab einer Menge von ca. 0,00027 Gramm je Kilogramm Honig zu kennzeichnen. Zum Vergleich: Bei der „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung gilt ein Beurteilungswert von 1 Gramm pro Kilogramm. Dieser Wert liegt das 3.500fache über dem hier Diskutierten.
Die Kostenfrage wurde weiter oben bereits angesprochen: Die Analyse von gentechnisch veränderten Pollen wird in der Folgenabschätzung, die für das Europäische Parlament angefertigt wurde, mit etwa 150 Euro je Probe angegeben. Das seien Kosten, die die gegenwärtigen Produktionskosten je Bienenkorb überstiegen. Die Imker, insbesondere die kleinen Erzeuger, wären damit überfordert. Das gilt vor allem für kleinere Imker in Drittländern, z.B. in Süd- und Mittelamerika. Diese Imker erzeugen zum Teil auch Honig, der mit dem Fair Trade-Siegel gehandelt wird.

Trotz allem muss sich niemand sorgen, dass nun Honig mit nicht zugelassenen Pollen in Umlauf gerät. Die Feststellung des EuGH, dass gentechnisch veränderter Pollen im Honig eine Zulassung als Lebensmittel benötigt, wird von dem Kommissionsvorschlag nicht angetastet. Das heißt: Honig mit Pollen, der keine Zulassung als Lebensmittel besitzt, bleibt auch nach dem Kommissionsvorschlag nicht verkehrsfähig. Es bleibt also auch hier bei der Nulltoleranz. Dazu kommt, dass in Deutschland derzeit keine gentechnisch veränderten Nutzpflanzen angebaut werden. Deutscher Honig ist damit frei von Gentechnik. Verbraucher haben hier Transparenz: Das Ursprungsland, in dem der Honig erzeugt wurde, muss nach der Honig-Richtlinie angegeben werden.
Bei den Importhonigen bei denen gentechnisch veränderte Pollen nachgewiesen werden, handelt es sich um minimale Spuren von in der EU als Lebensmittel zugelassenen gentechnisch veränderten Pollen, die gesundheitlich unbedenklich sind. Das wurde jeweils im Einzelfall im Rahmen des EU-Zulassungsverfahrens und der Risikobewertung der EFSA festgestellt.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am vergangenen Montag eine fraktionsoffene Sitzung zu der Thematik „Grüne Gentechnik“ durchgeführt. Dies unterstreicht einmal mehr, dass wir mit diesem sensiblen und wichtigen Thema verantwortungsbewusst umgehen.

Sehr geehrter Herr Wickenbrock,
ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Flosbach