Frage an Klaus Minkel von Christoph M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Minkel,
da ich im Rahmen der Gemüsezüchtung auf dem Dottenfelderhof Bad Vilbel auch mit der Züchtung an Zuckermais (=Windbestäuber!) befasst bin, sehe ich in Hinblick auf einen möglichen Wahlsieg Ihrer Partei mit Sorge die weitgehend positive Position der Union zur Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft. Wird in Ihrem Wahlkreis nach einem Regierungswechsel noch die Saatgutvermehrung und Züchtung gentechnikfreier Maissorten möglich sein? Welchen Rechtsschutz und welche Unterstützungsmaßnahmen haben Sie für Anbauer, Saatgutvermehrer und Züchter vorgesehen, die weiterhin Gentechnikfrei arbeiten wollen,deren Arbeit gefährdet bzw. verunmöglicht wird?
Auf welche Weise würden Sie meine bzw. unsere Anliegen als Abgeordneter vertreten - oder würden Sie mir eher zur Wahl einer anderen Partei raten?
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Matthes
Sehr geehrter Herr Mattes,
die Position meiner Partei zu dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt ist eindeutig: Auf EU-Ebene wurden inzwischen die Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Einsatz der Grünen Gentechnik geschaffen. Jetzt obliegt es den Mitgliedstaaten, vor allem die praktische Anwendung der Gentechnik verantwortungsvoll zu regeln. Hierzu muss die EU-Freisetzungsrichtlinie praktikabel umgesetzt werden, was in Deutschland im Gentechnikgesetz geregelt wird.
Die Umsetzung der EU-Richtlinie muss vor allem für Verbraucher und Landwirte *echte Wahlfreiheit* gewährleisten. Sie muß die *Koexistenz aller Anbauformen* ermöglichen. Voraussetzung für die Koexistenz, also ein tatsächliches Nebeneinander von gentechnisch veränderten und konventionellen bzw. ökologischen Produkten, sind vor allem einfache, aber eindeutige Anbauregelungen.
Nach unserer Auffassung haftet selbstverständlich jeder Landwirt für die Folgen, die er durch sein Verschulden verursacht. Keinerlei Ansprüche, d.h. keine Haftung, kann es jedoch gegen einen Landwirt geben, der alle Vorsorgemaßnahmen und Vorgaben der guten fachlichen Praxis ordnungsgemäß einhält. Für Ausgleichsansprüche, die dennoch entstehen, d.h. obwohl der Pflanzengentechnik nutzende Landwirt die Anforderungen an die gute fachliche Praxis eingehalten hat, ist eine ausgewogene Regelung zu schaffen, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. Hierbei können auch Vorschläge wie die Schaffung eines Ausgleichsfonds zum Tragen kommen. Daß jedoch* willkürlich* mehrere Bauern, die die Gentechnologie nutzen, herangezogen werden können, lehnen wir ab.
Bei diesen Ausgleichsansprüchen ist aber folgendes zu beachten: Die EU hat für alle Anbauformen den Schwellenwert von 0,9% festgesetzt, bis zu dem eine Verunreinigung durch ungewollte Auskreuzungen hingenommen werden muß. Deshalb treten wir dafür ein, dass wirtschaftliche Einbußen eines Nachbarn beim Verkauf seiner Produkte durch ungewollte Auskreuzungen nur dann einen Anspruch auf Ausgleich begründen, wenn der EU-Schwellenwert von 0,9 % überschritten ist.
Leider hat es Ministerin Künast in den vergangenen Jahren fahrlässig versäumt, entsprechende Anbauerfahrungen in Deutschland zu machen. Weil aber Erfahrungen im praktischen Umgang mit der Grünen Gentechnik dringend erforderlich sind und die entscheidenden sortenspezifischen Vorgaben zur Ergänzung der guten fachlichen Praxis um die Erfordernisse der Koexistenz noch entwickelt werden müssen, treten CDU/CSU schon seit langem für einen großflächigen *Erprobungsanbau* ein. Wir meinen, dass gerade die wissenschaftliche Begleitung von Anbauten dazu dient, vorhandene Wissenslücken zu schließen.
Im Jahr 2004 sind in den sieben Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen–Anhalt, Thüringen, Sachsen, Bayern und Baden–Württemberg auf einer Fläche von 300 Hektar gentechnisch veränderter Bt-Mais angebaut worden. Dieser Mais produziert Bt–Toxin, einen Wirkstoff gegen Fraßschädlinge am Mais.
Seit Mitte November 2004 liegen nun die ersten Versuchsergebnisse des Großversuches vor. Diese belegen, dass Koexistenz auch für angrenzende Maisfelder zu garantieren ist. Im Wesentlichen treten Auskreuzungen nur in einem unmittelbar benachbarten 10 Meter breiten Streifen auf. Daher würde ein Sicherheitsabstand von 20 Metern vollkommen ausreichen, um auch bei nahe liegenden Maisfeldern ausreichende Sicherheit vor Einkreuzungen zu gewähren.
Bereits bei einem Abstand von 20 bis 30 Metern lag der Geneintrag nur noch bei 0,4%, bei größeren Abständen sogar wesentlich unter diesem Wert. Bei ausreichend großen Maisfeldern könnte sogar ganz auf Pufferstreifen zwischen gentechnisch verbessertem und konventionellem Mais verzichtet werden.
Inzwischen hat das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft selbst zugesagt, die Ergebnisse des Erprobungsanbaus bei der Ausgestaltung der Rechtsverordnungen zum Gentechnikgesetz zu berücksichtigen und mit Einrichtungen des Bundes wissenschaftlich zu begleiten.
Der *sachliche Umgang*, die wissenschaftliche Begründung und entsprechende Nutzung der verantwortbaren Möglichkeiten der Grünen Gentechnik ist im Interesse aller. Der Einsatz von Gentechnik braucht Regelungen, um hohe Standards und stetige wissenschaftliche Begleitung zu sichern. Ebenso muß aber die Wahlfreiheit gewährleistet werden, und zwar für Verbraucher wie auch für Landwirte. Dies ist Ziel unserer Bemühungen. Dass noch immer breite Sachunkenntnis herrscht und auch in den Medien vieles verbreitet wird, was fachlichen und wissenschaftlichen Feststellungen nicht standhält, ist zu beklagen.
Verunsicherung, Falschdarstellung und der Verdrehung von Tatsachen sind auch hier nicht förderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Minkel