Frage an Klaus Minkel von Christoph M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Minkel,
Bürger in einem Teil der EU-Mitgliedsländer konnten oder werden in Referenden über die EU-Verfassung abstimmen. Soweit ich mich entsinne kamen aus der Union Vorschläge, ein Referendum auch in Deutschland zu ermöglichen.
Warum haben Sie damals nicht mit der Rot-Grünen Koalition gemeinsam eine Verfassungsänderung zugunsten von Bürgerentscheiden auf den Weg gebracht?
Werden Sie im Falle eines Wahlsieges und angenommen über eine veränderte EU-Verfassung ist erneut auch in Deutschland zu entscheiden, die Möglichkeit eines Referendums herbeiführen, evtl. auch eines gesamteuropäischen Referendums?
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Matthes
Sehr geehrter Herr Matthes,
ich kann mich nicht erinnern, dass die Union für ein Referendum über die EU-Verfassung war. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich aber sehr wohl dafür eingesetzt, dass die Rechte des Bundestages im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Vertrages über eine Verfassung für Europa gestärkt werden. Wir haben dazu einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Wir konnten leider die Zustimmung der Bundestagsmehrheit in der Frage der rechtlichen Bindewirkung von Bundestagsbeschlüssen in Europaangelegenheiten nicht erreichen. Das gleiche gilt für unsere Forderung, die Zustimmung der Bundesregierung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen oder zur Aufnahme von Vertragsänderungsverhandlungen an ein Votum des Parlaments zu binden. Beide Anliegen sind in unserem eigenen Gesetzentwurf enthalten. Dennoch ist es der CDU/CSU-Fraktion gelungen, wesentliche Anliegen durchzusetzen (u. a. Ausweitung der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag).
Grundsätzlich gegen ein Referendum sprechen aus Sicht von CDU/CSU gewichtige Gründe. Unserem Grundgesetz liegt das Leitbild der repräsentativen Demokratie zugrunde. So haben sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes dafür entschieden, alle grundsätzlichen Fragen von den gewählten Volksvertretern im parlamentarischen Verfahren* zu behandeln. In den Parlamenten besteht ausreichend Gelegenheit, auch komplexen Sachverhalten - wie z.B. einer EU-Verfassung - die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen. Bei Volksentscheiden wird ein komplexer Sachverhalt – stets auf ein simples „Ja oder Nein“ reduziert. Eine derartige Vereinfachung wird in den allermeisten Fällen weder der Bedeutung noch der Vielschichtigkeit der vorgelegten Sache gerecht. Das parlamentarische Verfahren hat sich dagegen in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder hervorragend bewährt und erheblich zur Stabilität unserer Demokratie beigetragen. Ich denke, daran sollten wir auch weiterhin festhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Minkel