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Klaus-Heiner Lehne
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Frage von Mario F. •

Frage an Klaus-Heiner Lehne von Mario F. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Lehne,

in Kürze wird im Europaparlament über das Thema "Verlängerung der urheberrechtlichen Schutzfristen" abgestimmt - wie ist Ihre Auffassung zum Thema?

Nach Ansicht renommierter Wissenschaftler ist dieser Entwurf kontraproduktiv und dient nur einseitigen Lobbyinteressen (siehe u.a. hier: http://www.golem.de/0903/65866.html ) - was auch mehrere Studien belegen.

Würden Sie dem zustimmen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Kommissionsvorschlag, der die Schutzfrist für Musikdarbietungen von 50 auf 95 Jahre verlängern will.

Aufgrund vielfältiger Kritik ist die Plenarabstimmung zu diesem Richtlinienvorschlag verschoben worden. In der Zwischenzeit versuchen wir, den zu recht stark kritisierten Kommissionsentwurf zu verbessern. Die Abstimmung ist nach bisheriger Planung nunmehr auf Ende April verschoben worden.

Vorab habe ich vier allgemeine Bemerkungen, bevor ich zu den einzelnen kritischen Punkten komme:
(1) Es stimmt, dass die Kommission mit dem Vorschlag ihrem eigentlichen Ziel, nämlich den ausübenden Musikkünstlern (insbesondere den Studiomusiker, Musikinterpreten) eine breitere Einkommensgrundlage zu schaffen, nicht im ausreichenden Maße gerecht wird.
(2) Auf der anderen Seite stimmt es aber nicht, dass der Kommissionsvorschlag die ausübenden Künstler gar nicht beachte und ausschließlich der Musikindustrie (Produzenten, Platten- und CD-Firmen) zugute komme. Allerdings macht auch die Kommission keinen Hehl daraus, dass sie mit ihrer Gesetzesinitiative der (angeblich) notleidenden Musikindustrie unter die Arme greifen will.
(3) Richtig ist aber auch, dass von einer Unterstützung der Produzenten auch die Musiker, die bei den Unternehmen unter Vertrag stehen, etwas haben - wenn auch nur indirekt und nicht vollumfänglich.
(4) Im Grundsatz - aber mit klaren Änderungen (dazu im Folgenden) - unterstütze ich den Vorschlag. Im rohstoffarmen Europa müssen kreative Leistungen (wie z.B. Musikdarbietungen) geschützt werden, damit die Künstler von ihren Leistungen leben können. Der Schutz der Rechte der Künstler an ihren Darbietungen ist ein wesentlicher und unverzichtbarer Beitrag dazu, dass sich Künstler in Europa mit ihrem Beruf eine Lebensgrundlage schaffen können.

Zu den drei hauptsächlich kritisierten Punkten:
(1) Ich setze mich dafür ein, dass die Schutzfrist für so genannte anverwandte Rechte der ausübenden Musik-Künstler in einem angemessen Umfang verlängert wird. Als angemessen betrachte ich 70 Jahre. Mit einer Verlängerung von 20 Jahren ist der Tatsache, dass die Lebenserwartung steigt, ausreichend Rechnung getragen. Nach aktuellem Verhandlungsstand sieht es so aus, dass auch die Regierungen der Mitgliedstaaten im Rat eine Verlängerung um lediglich 20 Jahre auf 70 Jahre mittragen werden.
(2) Ich setze mich dafür ein, dass der Künstlerfonds, in den die Musikindustrie 20% ihrer durch die Schutzfristverlängerung zu erwartenden Zusatzeinnahmen einzahlen muss, ausreichend gefüllt wird. Daher halte ich es für notwendig, dass die 20%-Abgabe auch tatsächlich von den Einnahmen (und nicht nur von den netto-Gewinnen) der Musikunternehmen abgezogen wird.
(3) Ich setze mich dafür ein, dass Künstler, die von ihrem Recht, ihre Darbietung "zu vermarkten", zunächst keinen Gebrauch machen, dieses Recht nicht verlieren. Anders hingegen die Produzenten: haben Künstler ihren Produzenten Rechte abgetreten und tragen die Unternehmen die künstlerische Leistung nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums "zu Markte", fällt das Recht zur Vervielfältigung etc der Darbietung an den Künstler zurück (so genannte "use-it-or-lose-it-Klausel").

Mit diesen drei genannten Verbesserungen bzw. Klarstellungen halte ich den Kommissionsvorschlag - wenn nicht für optimal - so doch für vertretbar. Eine Richtlinie in der geänderten Fassung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auf dieser Grundlage können wir dann in einem nächsten Schritt noch mehr für die Musiker (und andere Künstler) tun.

Im Übrigen verlangen wir von der Kommission, dass jegliche zukünftige Erweitungen der Schutzfristen - gegebenenfalls auch auf den audio-visuellen Bereich - einer strengen Gesetzesfolgenabschätzung unterzogen wird. Außerdem verlangen wir, dass die Rechte-Klärung und -Abrechnung nach einfachen und unbürokratischen Verfahren abzulaufen hat.

Ich hoffe, Ihnen mit den Ausführungen geholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich weiterhin gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Klaus-Heiner Lehne