Frage an Klaus-Heiner Lehne von Jens M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lehne,
Zur Zeit wird im Rahmen der geplanten Tabakrichtlinie (TRL) eruiert, inwieweit EZigaretten unter die RL 2001/83/EG fallen.
Wie Sie sicher wissen, sind in RL 2001/83/EG zum einen Funktionsarzneimittel und zum anderen Präsentationsarzneimittel definiert.
Während Funktionsarzneimittel als solche definiert sind, weil sie tatsächlich durch ihre pharmakologische Wirkung etwas heilen, sind Präsentationsarzneimittel als solche definiert weil sie "den Eindruck eines Arzneimittel erwecken" - Also "behauptet" wird, dass das Produkt eine heilende Wirkung hat.
Nun ist es aber so, dass weder die Definition "Präsentations" noch "Funktionsarzneimittel" auf die EZigarette zutreffen.
Das EuGH war bei der Definition eines Arzneimittel bezüglich der Heilmitteleigenschaft und der Dosierung der Stoffe bisher sehr eindeutig und hat unter anderen festgestellt, dass eine pharmakologische Wirkung als _therapeutische Wirkung_ interpretiert wird - eine toxische Wirkung wird _nicht_ als pharmakologische Wirkung ausgelegt!. [1,2,3,4]
Ein med. Entwöhnen findet mit der EZigarette mehrheitlich nicht statt - Vielmehr stillt der ehemalige Tabakraucher seine "Sucht" mit einem wesentlich weniger schädlichem Produkt: Er substituiert den giftigen Tabakrauch mit ungiftigen Dampf. [5]
Nur weil die Nikotinzufuhr mit der E-Zigarette um einen Faktor 100-1000 gesünder ist, als mit der Tabakzigarette, ist die Nikotinabhängigkeit nicht beendet - nähert sich aber in Richtung der Gefährlichkeit des Kaffee- oder Teekonsums.
Evtl. können Sie als Vorsitzender des Ausschusses -JURI- für meine Frage eine Antwort finden:
Wie kann etwas gem. TRL _nur als Arzneimittel zugelassen werden - das kein Arzneimittel i.S.d. RL 2001/83/EG ist_?
Mit freundlichem Gruss aus Bremerhaven
[1] EuGH C-27/08 v. 30.04.2009
[2] EuGH C-112/89 v. 16.04.1991
[3] EuGH C-319/05 v. 15.11.2007
[4] EuGH C-140/07 v. 15.01.2009
[5] http://informahealthcare.com/doi/abs/10.3109/08958378.2012.724728
Sehr geehrter Herr Mellin,
ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Mit Ihrer Kritik an dem vorgesehenen Verbot von nikotinhaltigen Erzeugnissen, die nicht nach der "Arzneimittel-Richtlinie" (2001/83/EG) zugelassenen sind, stimme ich im Wesentlichen überein. Man sollte sich vor Regelungen hüten, die den Zugang zu weniger schädlichen Alternativen zum Rauchen erschweren. Meiner Meinung nach ist keineswegs sicher, dass E-Zigaretten als Arzneimittel im Sinne der Arzneimittel-Richtlinie anzusehen sind. Dementsprechend habe ich in meinem Berichtsentwurf für eine Stellungnahme des Rechtsausschusses zu dem Kommissionsvorschlag die Streichung des Verbots vorgeschlagen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Heiner Lehne