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Klaus Ernst
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Frage von Jürgen E. •

Frage an Klaus Ernst von Jürgen E. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Ernst,

kürzlich las ich eine mit Ihrem Namen versehene Pressemitteilung der Linksfraktion zum Thema Kindergelderhöhung. Ich bin natürlich auch für eine Kindergelderhöhung da Familien mit Kindern und geringem Einkommen stark benachteiligt sind gegenüber Kinderlosen.
Nun meine Frage: Was nützt eine Erhöhung des Kindergeldes
einem HartzIV Empfänger? Gerade diese Familien bzw. Kinder welche von HartzIV überleben müssen und welche eine Erhöung dringent nötig hätten würden von einer Erhöhung des Kindergeldes ausgeschlossen werden! Warum? Das Kindergeld wird als Einkommen des Kindes angerechnet und die Regelleistung wird entsprechend vermindert! Eigentlich brauchen HartzIV Empfänger kein Kindergeld, das kann halbiert werden, verdoppelt werden und auch gänzlich wegfallen, der Regelsatz bleibt gleich!

Wie soll das eigentlich geregelt werden?

mfg J. Engelhardt

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Sehr geehrter Herr Engelhardt,

in der Tat nutzt eine Kindergelderhöhung unter den gegebenen Bedingungen Empfängerinnen und Empfängern von Grundsicherungsleistungen nichts, weil Kindergeld als Einkommen des Kindes bedarfsmindernd angerechnet wird. Dennoch wäre sie ein Beitrag zur Verminderung der Kinderarmut in Deutschland, weil sie der breiten Masse von Familien mit mittleren Einkommen, gerade aber auch Haushalten mit Kindern im unteren Einkommensbereich zugute kommt. Eine prinzipielle Nichtanrechnung von Kindergeld auf Grundsicherungsleistungen wäre allerdings kaum umzusetzen, weil beide Leistungen in einem direkten oder indirekten Bezug zum Existenzminimum des Kindes stehen, das nur einmal als Bedarf gedeckt werden kann. Die Fraktion DIE LINKE. will deshalb die Kinderarmut durch einen Dreiklang aus Geld, Zeit und Infrastruktur bekämpfen.

Wir wollen zum ersten, dass Familien mit Kindern deutlich mehr Einkommen zur Verfügung haben. Dazu gehört zunächst der Kampf für gute und menschenwürdige Arbeit zu gerechten Löhnen. Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,44 Euro pro Stunde wäre dafür ein guter Anfang. Wir brauchen aber auch ein deutlich erhöhtes Niveau an sozialen Transfers für Familien mit Einkommen. DIE LINKE. setzt in diesem Zusammenhang nicht nur auf ein erhöhtes Kindergeld sondern vor allem auf eine bedarfsorientierte Kindergrundsicherung. Wir wollen, dass überhaupt kein Kind mehr auf Hartz IV angewiesen ist. Alle Kinder sollen das (deutlich erhöhte) Kindergeld und ggf. einen vom Einkommen der Eltern abhängigen Kinderzuschlag erhalten, der sicher stellt, dass immer das soziokulturelle Existenzminimum von derzeit 420 Euro erreicht wird. Mit dieser Lösung wäre die Debatte um die Anrechnung des Kindergelds überflüssig. Als Sofortmaßnahme wäre schon eine Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV auf 435 Euro und eine Anhebung des Kinderregelsatzes auf einheitlich 75 Prozent des Eckregelsatzes eine Hilfe, weil dann der Regelsatz für jedes Kind auf 327 Euro steigen würde.

Wir wollen zum zweiten eine familienfreundliche Arbeitswelt, die es erwerbstätigen Eltern ermöglicht, ein Leben mit Kindern mit der Arbeit unter einen Hut zu bringen. Wir wollen mehr Kündigungsschutz für erwerbstätige Eltern, ein Rückkehrrecht auf den alten Arbeitsplatz nach der Elternzeit, einen verbesserten Schutz vor Schichtarbeit und mehr Recht auf Teilzeitarbeit für Eltern. Je weniger Eltern vor einer familienfeindlichen Arbeitswelt kapitulieren müssen, desto weniger Kinder sind auch von Kinderarmut bedroht.

Wir wollen zum dritten einen Ausbau der öffentlichen Infrastruktur für Bildung, Betreuung und Erziehung. Jedes Kind muss einen Rechtsanspruch auf beitragsfreie Angebote in Kinderkrippen, Kindertagesstätten und Schulen haben. Gleiches gilt für die Kinder- und Jugendhilfe. Die Zerstörung der Angebote in Jugendklubs, Jugendverbänden und anderen Einrichtungen durch eine Kürzungsorgie der öffentlichen Hand muss endlich ein Ende haben. Auch das ist ein Schlüssel zur Vermeidung und Verminderung von Kinderarmut.

Für die drei Teile unseres Programms gegen Kinderarmut haben wir im Deutschen Bundestag Anträge eingebracht, die /allesamt/ von /allen/ anderen Parteien abgelehnt wurden, obwohl das Geld dafür ohne weiteres aufzubringen wäre, wenn es nicht den Reichen und Vermögenden als Steuergeschenke hinterher geworfen würde. Wir werden uns dennoch weiterhin für eine wirksame Bekämpfung der Kinderarmut einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Ernst, MdB

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