Frage an Klaus Ernst von Arnold D. bezüglich Soziale Sicherung
Guten Tag Herr Ernst,
wann endlich beantworten Sie mal meine Frage ?
Danke.
Arnold Dreis
Sehr geehrter Herr Dreis,
in der Tat bin ich Ihrer Auffassung, wenn Sie die unsystematische und ungerechte Behandlung der Betriebsrenten in steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht kritisieren. Zunächst ist aber an dieser Stelle eine korrekte Ursachenanalyse wichtig, die ich bei Frau Nahles vermisse. In sozialdemokratischer Regierungsverantwortung wurden seit 1998 entscheidende Schritte zur Schwächung der gesetzlichen Rente als Lebenstandard sicherndes Alterssicherungssystem unternommen, die mit den Namen Riester und Rürup sowie mit der Rente ab 67 verbunden sind. Mit anderen Worten: auch langjährige Beitragszahler mit durchschnittlichen Einkommen werden in Zukunft ihren erreichten Lebensstandard in der Altersphase mit der gesetzlichen Rente nicht mehr halten können. Darüber hinaus wurde die Einnahmebasis der Sozialversicherungssysteme durch Massenarbeitslosigkeit und stagnierende bzw. sogar sinkende Reallöhne ausgehöhlt. Dieser Prozess geht, aller Aufschwungs-Rhetorik zum Trotz, auch im Jahr 2007 weiter.
Ich denke, Frau Nahles hat unrecht, wenn sie mit dem "demografischen Wandel" eine Art naturgemäßen Sachzwang zur stärkeren Belastung der Betriebsrenten mit Krankenversicherungsbeiträgen konstruiert. Wären diese oder die vorherigen Regierungen bereit gewesen, Politik im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Rentnerinnen und Rentner sowie ihrer Familien zu machen, dann wäre eine weitere indirekte Rentenkürzung durch die Belastung mit den vollen Krankenversicherungsbeiträgen nie auf die politische Tagesordnung gekommen. Ich denke darüber hinaus, dass es eine unsystematische Doppelbelastung der Renten (die ja beim Entstehen der Ansprüche bereits verbeitragt wurden) mit Sozialbeiträgen darstellt. Leider muss ich aber konstatieren, dass es nicht das erste Mal wäre, dass die Regierung und vor allem die SPD gegen die Interessen der Menschen handelt, die sie ins Amt gewählt haben.
Ähnliches gilt für die Belastung der Betriebsrenten mit Krankenversicherungsbeiträgen. Die gestiegene Bedeutung der Betriebsrenten und die Notwendigkeit ihrer Förderung ist ein Ergebnis der Schwächung der gesetzlichen Rente. Leider ist durch die Vielzahl unsystematischer "Reformen" eine sehr unübersichtliche Rechtslage entstanden. Im Fall von Betriebsrentenansprüchen, die vor dem Beginn der Förderung durch beitragsfreie Entgeltumwandlung im Jahr 2002 entstanden sind, gelten die von mir oben geschilderten Argumente für eine Ablehnung der vollen Verbeitragung. Seit 2002 gibt es allerdings die Möglichkeit der Förderung von privater Altersvorsorge bzw. Betriebsrenten durch beitragsfreie Entgeltumwandlung. Ein Teil des Bruttoeinkommens kann auf diese Weise von Sozialbeiträgen und Steuern befreit und in private Altersvorsorge gesteckt werden. Diese Art der Förderung von Betriebsrenten auf Kosten aller Versicherten und darüber hinaus der Gesamtheit der Bevölkerung lehnt die Linke wegen ihrer problematischen sozial- und verteilungspolitischen Folgen ab. Ich spreche mich dagegen ganz deutlich für eine Förderung der Betriebsrenten aus Steuermitteln aus, so dass wieder zur nachgelagerten Befreiung vom vollen Krankenversicherungsbeitrag übergegangen werden kann. Die Linke wird im weiteren Gesetzgebungsverfahren für eine sozial- und verteilungspolitisch gerechte Behandlung der Betriebsrenten in der Einzahlungs- wie in der Auszahlungsphase eintreten.
Mit den besten Grüßen
Klaus Ernst