Frage an Klaus Ernst von Marcus B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Ernst,
bekanntermaßen besteht ja ein wettbewerbswidriger Steuervorteil zugunsten des Privatunternehmens Deutsche Post AG / DHL-Gruppe.
Begründet wird dies aber stets mit einem mehr als fragwürdigen Alleinstellungsmerkmal als Universaldienstleister für private Haushalte.Ersparte Umsatzsteuer ist ersparte Umsatzsteuer.
Dass die Post / DHL auch Privatpakete steuerfrei befördert, ist jedoch erkennbar wettbewerbswidrig, und führt nur dazu, dass die Mitbewerber am Markt niedrige Löhne zahlen, weil nur beim Mitarbeiter wirksam gespart werden kann, nur weil sie im unfairen Wettbewerb mit der Post / DHL stehen.
Gibt es überhaupt eine Berechnung, wieviel Euro sich die Deutsche Post AG / DHL jährlich an Umsatzsteuern spart, und wenn ja, mit wieviel Milliarden ist der Steuerzahler jährlich ungefähr dabei? Wenn diese Frage nirgends beantwortet ist, würde sich da ja auch eine offizielle Anfrage an die Regierung lohnen, denn der Steuerzahler hat einen Anspruch auf information über diesen besonderen "Schattenhaushalt".
Warum wird dieses Privileg nicht konsequent gestrichen ?
Sehr geehrter Herr Böhm,
vielen Dank für Ihr Interesse. Klaus Ernst hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Auch wir finden, dass Lohndumping bei den Postdienstleistern ein enormes Problem darstellt. Allerdings glauben wir nicht, dass ein angeblich unfairer Wettbewerb die Ursache für niedrige Löhne ist. Vielmehr hat die Liberalisierung des deutschen Postmarktes dazu geführt, dass der Wettbewerb in der personalintensiven Postbranche zu Lasten der Beschäftigten geht.
Nicht mehr Wettbewerb, sondern ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn - wie ihn DIE LINKE fordert - wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu fairen Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus ist zu fragen, ob Wettbewerb im Postsektor überhaupt funktionieren kann, ohne dass die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen gefährdet ist. Schon jetzt werden Postsendungen in ländlichen Regionen oftmals unpünktlich zugestellt, weil Postdienstleistungen nur in Ballungsräumen wirklich profitabel sind. Mit Blick auf die Versorgung, wie auch die Arbeitsbedingungen fordert DIE LINKE deshalb, dass die Post wieder in öffentliche Hand kommt.
Bis es soweit ist, hat DIE LINKE gute Gründe die Umsatzsteuerbefreiung für Universaldienstleistungen zu befürworten. Schließlich sollen auch in den ländlichen Regionen genügend Briefkästen und Postdienststellen unterhalten werden. Ohne einen finanziellen Ausgleich würde sie jedes profitorientierte Unternehmen wegrationalisieren. Ich hoffe, damit ist Ihre Frage beantwortet, warum wird dieses "Privileg" nicht konsequent gestrichen wird?
Auf ihre Frage, wie viel die Deutsche Post AG jährlich an Umsatzsteuer spart, kann ich Ihnen keine Antwort geben. Es ist aber auch keine aussagekräftige Antwort zu erwarten. Denn die Umsatzsteuer wird in der Regel bei allen Unternehmen an die Endverbraucher weiter gegeben. Ersparte Umsatzsteuer bedeutet für die Deutsche Post AG also nicht automatisch mehr Gewinn.
Im Übrigen glauben wir nicht, dass ein wettbewerbswidriger Steuervorteil zugunsten des Privatunternehmens Deutsche Post AG besteht. Erstens sind seit Juli 2010 nicht mehr die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutsche Post AG, sondern nur noch die Universaldienstleistungen selbst von der Umsatzsteuer befreit. Und zweitens gilt die Befreiung für alle Postdienstleister, die in der Lage sind, die nötigen Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählt unter anderem, dass der Postdienstleister sich verpflichtet, zumindest einen Teilbereich der Universaldienstleistung flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten. In der Praxis will das offenbar nur die Deutsche Post AG sicher stellen.
DIE LINKE fordert aber auch, dass die Bundesregierung genauer prüfen muss, ob die Deutsche Post AG ihre Verpflichtungen wirklich erfüllt. Wie bereits erwähnt, gibt es in ländlichen Regionen immer häufiger Beschwerden über unpünktlich zugestellte Postsendungen. Es wird vermutet, dass die Personalkürzungen bei der Deutschen Post AG die Ursache dafür sind.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichem Gruß
i.A. Björn Resener
Wissenschaftlicher Mitarbeiter