Frage an Klaus Ernst von Peter T. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Ernst,
ich als Linken Wähler bin ein wenig enttäuscht, als ich Ihre Aussagen zu den Neuregelungen der schwarz-gelben Koalition zum Thema Hartz 4 Zuverdienste las. Gönnt ausgerechnet die Linkspartei den Menschen die Hartz 4 beziehen, die besseren Zuverdienstmöglichkeiten nicht???
Ich bin froh, dass ich endlich einen 400 Euro Job haben kann, ohne das mir knapp 300 Euro davon abgeknöpft werden. Ich teile Ihre Auffassung, dass die baldige Regierung eher den Niedriglohnsektor ausweiten will. ABER ES IST ZUR ZEIT EINFACH EINE VERBESSERUNG der Lebensumstände für mich. Ich hoffe Sie lehnen den Gesetzentwurf als linke Partei nicht ab. Auch kleine Verbesserungen sind gold wert. Ich verstehe Ihre Bedenken, glauben Sie mir. Aber verstehen Sie, dass ich zur zeit auf 1 Euro Jobs angewiesen bin. Ich darf nicht mehr als 160 Euro behalten wenn ich einen 400 Euro Job annehmen will. Ich käme mit der neuen Regelung um 300 Euro besser weg im Monat. Ebenso die Immobilienregelung: ich habe ein Eigenheim und streite gerade mit der ARGE vor dem Sozialgericht. Sie wollen, dass ich erst mein Haus verscherbele bevor ich Hartz 4 beziehen kann. Hartz 4 richtig reformieren oder abschaffen, können Sie dann wenn sie an der Regierung sind. Aber Herr Ernst, die neuen Regelungen sind für viele erstmal eine Verbesserung. Nehmen Sie in der Sache bitte keine grundsätzliche Anti-Haltung ein.
Im übrigen: Ich hätte mit den neuen Zuverdienstmöglichkeiten ca. 750 Euro zur Verfügung, mit dem von der Linken geforderten Regelsatz von 500 Euro wäre ich ohne Zuverdientmöglichkeiten deutlich darunter. Bitte nehmen Sie für eine Sekunde die Parteipolitik und das große Ganze erstmal bei Seite und denken sie an Menschen wie mich. Dafür ist die Linke doch da. Bitte erkennen Sie an, dass diese Regelungen erstmal eine Verbesserung sind...
oder:
Verdeutlichen sie mir warum die neuen Hartz4 Regelungen Menschen wie mir nicht helfen? Und werden Sie gegen den Gesetzentwurf stimmen?
Sehr geehrter Herr Tresnak,
Klaus Ernst hat mich gebeten, nachzusehen, ob es noch offene Fragen bei Abgeordnetenwatch gibt und diese gegebenenfalls zu beantworten. Dabei ist mir aufgefallen, dass Sie noch keine Antwort auf Ihre Frage zur Ausweitung der Zuverdienst-Grenzen für Hartz-IV bekommen haben. Das möchte ich hiermit nachholen.
Ihr persönlicher Standpunkt ist durchaus verständlich. In der von Ihnen geschilderten Situation, wäre eine Anhebung der Zuverdienst-Grenzen für Bezieher von Hartz-IV mit Sicherheit eine Verbesserung der Lebensbedingungen. Sicher ist auch, dass Sie nicht der einzige Hartz-IV Bezieher wären, dem eine solche Regelung helfen würde.
Allerdings würde diese Verbesserung der Lebensbedingungen von einigen Hartz-IV Beziehern auf Kosten der Verschlechterung der Lebensbedingungen vieler anderer Menschen erfolgen. Denn die Ausweitung der Zuverdienst-Grenzen wäre ein weiterer Anreiz für Arbeitgeber, ihren Beschäftigten Hungerlöhne zu zahlen. Schließlich findet bereits jetzt eine indirekte Subvention für Arbeitgeber im Niedriglohnsektor statt, denn sie werden indirekt durch die staatlichen Zuschüsse an die betroffenen Arbeitnehmer subventioniert.
Eine Anhebung der Zuverdienst-Grenzen wäre also - zusammen mit der zeitgleich diskutierten Ausweitung der Mini-Jobs - ein vergiftetes Bonbon. Denn obwohl einige Niedriglöhner zunächst mehr in der Tasche hätten, wäre es im Kern ein Programm zum Abbau von regulären Jobs. Wie sollte DIE LINKE ihre Zustimmung zu einem solchen Programm vor den Menschen rechtfertigen, die dadurch ihre reguläre Beschäftigung verlieren?
Eine Alternative, der auch DIE LINKE zustimmen könnte, wäre hingegen eine deutliche Anhebung der Regelsätze für alle Hartz-IV-Bezieher!
Ich hoffe sehr Ihnen mit dieser Antwort weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichem Gruß
i.A. Björn Resener