Frage an Klaus Buchner von Anneliese B. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrter Herr Prof. Buchner,
leider konnte ich im Ödp-Programm keine Äusserungen zur Europa-Politik und auch zur Internationalen Politik finden.
Mich würde aber der Ödp-Standpunkt bzgl. des EU-Vertrages und zum Bundeswehr-Mandat in Afghanistan sehr interessieren.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Anneliese Blümel
Sehr geehrte Frau Blümel,
danke für Ihre Frage, die mir Gelegenheit gibt, unseren Standpunkt zu diesen Temen kurz zu erläutern. Sie finden eine ausführlichere Darstellung zur EU-"Verfassung" und unsere bisherigen Aktionen unter dem Stichwort "Demokratie" im Internet bei www.ödp.de (oder www.oedp.de).
Zunächst möchte ich vorausschicken, dass wir in der ödp sehr glücklich darüber sind, dass sich die europäischen Länder zusammenschließen und eine Gemeinschaft bilden. Aber gerade weil wir begeisterte Europäer sind, wollen wir ein demokratisches, soziales und vor allem friedliches Europa. Alle diese Ziele werden durch den Vertrag von Lissabon verfehlt. Er schreibt die jetzige Struktur der EU fest, in der elementare demokratische Grundsätze wie die Gewaltenteilung nicht verwirklicht werden, und wo die Gesetze nicht vom Parlament entworfen werden dürfen. Statt dessen werden sie zum großen Teil von den internationalen Wirtschaftsverbänden formuliert. Das ist nicht das, was ich unter einer Demokratie verstehe. Durch den Vertrag von Lissabon sollen die demokratischen Rechte noch weiter eingeschränkt werden. In Zukunft wird kein Parlament mehr, weder der Bundestag, noch das EU-Parlament, über Krieg und Frieden entscheiden. Das Oberkommando über die europäische Verteidigung liegt bei einer Gruppe, die nicht demokratisch gewählt ist. So kann ein "Friedenseinsatz" schnell aus dem Ruder laufen. Dann kann die Bundeswehr zu Einsätzen gezwungen werden, die mit unserem Grundgesetz unvereinbar sind. Da EU-Recht Vorrang vor der deutschen Verfassung hat, müssen wir in solchen Fällen tatenlos zusehen.
Sie werden sicher verstehen, dass wir von der ödp gegen diesen Vertrag von Lissabon Verfassungsbeschwerden eingelegt haben. Demokratie, Soziale Marktwirtschaft und Frieden sind Grundsäulen unseres Staates. Alle drei werden durch den Vertrag von Lissabon in Frage gestellt bzw. aufgehoben.
Die Grundidee des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan, nämlich beim Wiederaufbau zu helfen, war gut. Dieses Ziel kann in der gegenwärtigen Situation nur bruchstückhaft erreicht werden. Statt dessen wird die Bundeswehr immer mehr zur Besatzungsmacht, die vor allem durch ihre Luftaufklärung im Süden des Landes dazu beigetragen hat, dass zahlreiche zivile Opfer zu beklagen sind. Deshalb ist der Bundeswehreinsatz dort nicht mehr zu rechtfertigen. Statt dessen unterstützt die ödp ganz konkret private Initiativen, die unter großen Gefahren der Bevölkerung unmittelbar beim Wiederaufbau helfen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Buchner