Frage an Klaus Buchner von Gabriela S.
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Dr. Buchner,
ich habe kürzlich einen Beitrag zum weit gefassten Themenkomplex Reserve-Antibiotika in der Medizin und Antibiothika-Gaben zur Tiermast in der Massentierhaltung gesehen. Dabei wurde davor gewarnt, dass sich das Thema multiresistente Keime in der Luft zum größten Problem nach dem Klimawandel erwachsen könnte, wenn nicht sofort reagiert wird.
Wie beurteilen Sie das Thema "Antibiotika-/Reserve-Antibiotika" und was muss die Politik Ihrer Aufassung nach tun, um die Bevölkerungen vor einer offensichtlich unterschätzten Gefahr zu schützen.
Liebe Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Politik muss begreifen, dass es um das Prinzip „Eine Gesundheit“ geht. Multiresistente Keime werden von Tieren auf den Menschen und umgekehrt übertragen und deshalb muss das Problem der Antibiotikaresistenzen durch eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Menschen und Tieren gelöst werden. Allerdings bekommen mehr gesunde Tiere vorbeugend Antibiotika und sogar Reserveantibiotika als kranke Menschen. Antibiotika-resistente Keime werden in Zukunft ein immer größeres Problem werden. Wissenschaftler sprechen von einem Tsunami, welcher auf uns zurast. Bis 2050 prognostiziert das Universitätsklinikum Charité mehr Tote durch Antibiotikaresistenzen als durch Krebs. Kleine Wunden könnten lebensgefährlich werden, wie im Mittelalter, weil Antibiotika nicht mehr wirken. Daher müssen wir jetzt handeln und den Einsatz von Antibiotika vor allem auch in der Tierhaltung stark kontrollieren und reduzieren. Die Reserveantibiotika müssen in der Tierhaltung komplett verboten werden, denn sie sind letztes Mittel für schwerkranke Menschen in Kliniken. Das Europäische Parlament hat einem Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ zugestimmt. Aber das reicht leider bei weitem nicht aus.
Die Anzahl der Toten durch antibiotika-resistente Keime wird zukünftig weiter steigen, wenn das Problem der zu hohen Antibiotikaabgaben in der Landwirtschaft nicht angegangen wird. Allein ca. 740 Tonnen jährlich in Deutschland, weil die Tiere in Massentierhaltung in den engen Ställen nicht individuell, sondern in Herden über sog. Medikatoren in den Tränksystemen die hochwirksamen Medikamente prophylaktisch verabreicht bekommen. Dadurch werden multiresistente Keime geradezu gezüchtet, sie sind in der Gülle, auf den Äckern, in Gewässern, bis 500 Meter neben den Ställen in der Luft, sie gelangen selbstverständlich auch auf das Gemüse und sie werden von Fliegen und anderen Tieren weitergegeben. Sie werden auch von Menschen, welche in der Tierhaltung arbeiten, weitergegeben. Mehr als 80 Prozent aller Schweinehalter tragen den Keim. Der gefürchtete sogenannte Krankenhauskeim ist ein multiresistenter Keim und er wird u.a. auch von außen in die Kliniken hinein getragen. Denken wir nur an die Kantinen, in welchen das Fleisch aus Massentierhaltung zubereitet wird. Die Beispiele sind unendlich. Wir alle müssen das Prinzip „eine Gesundheit“ begreifen. Wir brauchen ein Umdenken in der Agrarpolitik zum Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt. Ein weiter so darf es nicht geben. Wir können eine zukunftsfähige Landwirtschaft nur erreichen, wenn wir die Politik mehr am Wohl der Tiere ausrichten und artgerechte Tierhaltung unterstützen, welche durch eine kontrollierte und strenge Abgabe die eingesetzte Menge Antibiotika signifikant verringert. Nicht der jetzige Siegel-Dschungel, sondern EIN einheitliches, verbindliches Siegel für alle EU-Staaten, welches auch über Antibiotikabehandlung aufklärt, sowie über Genfutter und Totalherbizide würde die Situation entscheidend verbessern. Nur dadurch können Verbraucher gezielt beim Einkauf mitbestimmen. Dafür setze ich mich ein und ich bitte Sie um Ihre Unterstützung: https://www.change.org/p/gegen-massentierhaltung-für-ein-eu-weites-qualitäts-siegel
Es grüßt Sie
Klaus Buchner