MdEP Prof. Dr. Klaus Buchner
Klaus Buchner
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Frage von Hartmut Georg M. •

Frage an Klaus Buchner von Hartmut Georg M.

Sehr geehrter Herr Prof. Buchner,

ich möchte auf Ihre Antwort vom 10.11.2015 eine Nachfrage stellen.
Denn Ihr Rechenbeispiel leuchtet mir nicht ein. In 2014 gab es ca.1,25 Mio. Zuwanderer die keine Asylanten sind. In dem beigefügten ersten Link aus meiner Frage vom 09.11.2015 sehen Sie das. Gesetzt den Fall in 2015 kommen 1 Mio. Asylbewerber und die gleiche Anzahl an andere Zuwanderer, so wären das 2,25 Mio. Bei 1,5 Mio. Asylbewerber und einer angenommenen Zahl von 1,25 Mio. anderer Zuwanderer, wären es 2,75 Mio. Einwanderer.
Wie kann man sowas mit dem angeblichen demografischen Wandel begründen, zumal m.W. besonders viele junge Menschen kommen?

Was ist denn, wenn die Automatisierung wirklich jeden zweiten Job auffressen wird, wie in diesem Beitrag prognostiziert: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/automatisierung-die-roboter-kommen-1.2360577

Wären Sie auch dann für keine Obergrenze für Einwanderer? Was ist, falls 4 oder 5 Mio. Asylbewerber pro Jahr kommen würden- wären Sie auch dann für keine Begrenzung? Ist Ihre Partei für Abschiebungen von Menschen die zu Unrecht Asyl beantragen?

Mit freundlichen Grüßen

H. G. M.

MdEP Prof. Dr. Klaus Buchner
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Frage.
Ich danke, dass es keinen Sinn macht, darüber zu spekulieren, wie viele Asylbewerber es in Zukunft geben wird. Niemand besitzt eine Glaskugel, mit der er die Zukunft vorhersagen kann. Und natürlich müssen die Asylgründe geprüft werden, was bedeutet, dass nicht jeder, der dies will, nach Deutschland kommen kann oder hier bleiben darf.

Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass Deutschland mittel- bis langfristig von Zuwanderung profitiert. Zwar stimmt es, dass in Jahr 2014 deutlich mehr Menschen nach Deutschland eingewandert sind als in den Jahren zuvor, doch gleichzeitig verlassen auch immer mehr Menschen unser Land. Die Zahl dieser Fortzüge lag lange bei etwa 600.000 bis 700.000 Menschen pro Jahr, und ist im Jahr 2014 auf über 900.000 gestiegen. Da Deutschland gleichzeitig – nach neuesten Zahlen – die niedrigste Geburtenrate der Welt hat und die Zahl der Sterbefälle diejenigen der Geburten deutlich übersteigt, brauchen wir Zuwanderung, um die Bevölkerungszahl auch nur konstant zu halten.
Ich teile auch nicht die Ansicht, dass zukünftig deutlich weniger Arbeitsplätze vorhanden sein werden. Derzeit sind mehr als 43 Millionen in Deutschland erwerbstätig, so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Wirtschaftsmacht Deutschland wird auch zukünftig Arbeitskräfte brauchen, insbesondere gut ausgebildete Fachkräfte. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir für die vielen, überwiegend jungen Menschen, die nun zu uns kommen, Sprachkurse organisieren und ihnen eine gute Ausbildung zuteil werden lassen. Die Integration dieser Menschen kostet zwar Geld, wirkt aber auch, etwa durch den vermehrten Wohnungsbau, der notwendig ist, wie ein Konjunkturprogramm.
Die vermehrte Eingliederung junger Arbeitskräfte in den deutschen Arbeitsmarkt bewirkt zudem eine Entlastung der Sozialkassen. Denn zukünftig werden immer mehr Menschen in den Ruhestand gehen, deren Rente über das Umlageverfahren finanziert werden muss. Langfristig werden, so eine Studie des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V.“, die positiven wirtschaftlichen Impulse für Deutschland die Kosten der Zuwanderung übertreffen. Die schrumpfenden Gesellschaften Europas – insbesondere Osteuropas – die kein Ziel der Flüchtlinge sind oder die ihre Grenzen für Zuwanderung schließen, müssen sich deshalb deutlich mehr Sorgen um ihre Zukunftsfähigkeit machen als Deutschland.

Ich möchte aber betonen, dass man das Thema Flüchtlinge/Asyl nicht nur unter ökonomischen Aspekten betrachten darf. Dass Deutschland Menschen in Not hilft, ergibt sich aus den Verpflichtungen, die wir unter anderem mit der Ratifizierung der Genfer Flüchtlingskonvention eingegangen sind. Verfolgten die Hand zu reichen, entspricht unserem christlich-humanistischen Menschenbild.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Klaus Buchner