Frage an Klaus Buchner von Thomas P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag,
ich würde gerne erfahren, wie Sie sich zum Thema Internet, Datenschutz, Verschlüsselung und Geheimdienste positionieren. Insbesondere würde mich bei einem Direktkandidaten natürlich eine (eventuelle vorhandene) Abweichung zur Parteilinie interessieren.
Im einzelnen:
- Welchen Stellenwert hat der Datenschutz für Sie? Sehen Sie den Datenschutz eher durch den Staat, durch Unternehmen oder durch die Geheimdienste gefährdet? Wie soll der Datenschutz weiterentwickelt werden? Halten Sie den Datenschutz und die Wahrung der Persönlichkeitsrechte im Verhältnis Arbeitgeber <-> Angestellter zur Zeit für angemessen?
- Wie stellen Sie sich zur anonymen Nutzung des Internets (Stichwort: anonymizer), und zu anonymen Zahlungsverkehr (Stichworte: bitcoin, paysafecard)?
- Wie soll das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheitsinteressen und Bürgerrechten ausbalanciert werden (Stichworte: Videoüberwachung im öffentlichen Raum, Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Ausspähungen durch Geheimdienste)? Ist hier Ihrer Meinung nach zur Zeit der rechtliche Rahmen austariert?
- Wie stehen Sie zur durch den Fall Snowden ausgelösten Diskussion über die Befugnisse der Geheimdienste? Besteht in diesem Zusammenhang noch Klärungs- bzw. Handlungsbedarf? Ist Snowden eher Held oder eher Verräter?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Pasch
Sehr geehrter Herr Pasch,
Datenschutz wird eigentlich nur in Diktaturen und totalitären Regimen missachtet. Vor 200 Jahren wurden in Großbritannien noch Briefträger gehenkt, wenn sie die ihnen anvertraute Post öffneten und lasen. Heute ist nicht nur die Verletzung des Datenschutzes ein großes Problem, sondern auch die Gleichgültigkeit der Bevölkerung.
Eine Unterscheidung, ob der Staat als solcher oder einer seiner Geheimdienste die Daten abgreift, ist unwichtig. Denn kein Geheimdienst kann so arbeiten, wenn nicht mindestens eine grundsätzliche Zustimmung seitens der Regierung vorliegt, die von diesen Daten profitiert.
Demgegenüber gilt für die Überwachung von Mitarbeitern einer Firma, dass sie ungesetzlich und strafbar ist. Das ist aber nur ein schwacher Trost, denn Strafen werden in den seltensten Fällen ausgesprochen. Hier muss die Politik eingreifen. Auch das BKA-Gesetz und ähnliche Regelungen müssen verbessert werden. Ich fordere, dass eine Überwachung von Privatpersonen ohne Ausnahme nur nach einer richterlichen Anordnung zulässig sein darf, und dass die betroffene Person nach einer angemessenen Zeit auch Zugang zu den so erlangten Informationen erhalten muss.
Für den öffentlichen Bereich fordere ich, dass die aus der Überwachung gewonnenen Aufnahmen nach kurzer Zeit gelöscht werden. Für eine Auswertung (etwa durch Gesichtserkennung) muss eine richterliche Anordnung vorliegen. Auch hier müssen den betroffenen Personen die ermittelten Daten nach einer angemessenen Zeit zur Einsicht vorgelegt werden. Diese Forderungen entsprechen auch den Grundsätzen der ÖDP, die nicht umsonst das Wort "demokratisch" in ihrem Namen trägt.
Zu "anonymizer" und zu "bitcoin" bzw. "paysafecard" kann ich nichts sagen; hier fehlen mir die nötigen detaillierten Kenntnisse.
Die Aussagen von Snowden waren nützlich, weil sie einer breiten Öffentlichkeit das Problem der Überwachung wieder ins Bewusstsein gerückt haben. Abgesehen von (wichtigen) Details brachten sie aber nichts Neues. In aller Kürze habe ich das schon lange vorher in meinem Buch "Unser Land unterm Hammer - wer regiert uns wirklich" dargestellt. Trotzdem hat sich Snowden große Verdienste um unsere Demokratie erworben. Denn Demokratie und Überwachungsstaat vertragen sich nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Buchner