Frage an Klaus Buchner von Johannes B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Buchner!
2009 waren sie als Kläger gegen den EU- Vertrag von Lissabon in Karlsruhe vertreten ( http://www.sueddeutsche.de/politik/lissabon-vertrag-verfassungsgericht-zweifelt-an-der-eu-reform-1.489530 ).
Was waren die Gründe für ihre Klage, und was haben Sie erreicht? Welche Gefahren, die Sie sahen, konnten Sie nicht abwehren?
2012 standen wieder zahlreiche Verfassungsklagen an, wegen dem Eurostabilisierungsmechanismus und dem Fiskalpakt. Ich habe Sie da nicht unter den Klägern gefunden. Da sie eine Petition an das EU- Parlament verfasst haben, die der ÖDP- Parteitag Anfang Mai 2013 in Coburg verabschiedete (siehe http://www.youtube.com/watch?v=_f2a0GkF1X4 ), gehe ich davon aus, dass Sie noch immer europapolitisch sehr engagiert sind.
Wie kommt es dann, dass sie 2012 nicht unter den Klägern gegen den ESM- Vertrag und Fiskalpakt aufgeführt waren oder ist mit diesen Verträgen alles in Ordnung?
Welche Aktion haben Sie unterstützt und welche Aktionen gibt es heute, die man ihrer Ansicht nach unterstützen kann?
Wie kommt es, dass die von Ihnen verfasste Petition auf den Internetseiten der ÖDP schwerer zu finden ist, als eine Nadel im Heuhaufen (Die Internetsuche liefert nur eine regionale ÖDP-Seite, die dies aufgreift http://www.ecosia.org/search.php?q=%C3%B6dp%20%22klaus%20buchner%22%20Petition%20Ausf%C3%BChrungsbestimmung%202013%20EU%20Milit%C3%A4r&count=10&offset=0 ) und man ein Youtubeinterview braucht, um darauf aufmerksam zu werden? Warum ist die Petition laut ihrem Interview auf den ÖDP- Seiten "etwas versteckt" und warum wartet die ÖDP auf eine Antwort, wo doch jede Tag diese Klausel beschlossen werden könnte, die nach ihren Aussagen das "Ende der Demokratie" wäre? Kann nicht nur durch sofortige massive Öffentlichkeitsarbeit das EU- Parlament dazu gebracht werden, schnell eine Antwort zur Petition zu geben?
Mit bestem Gruß,
Johannes Betz
Sehr geehrter Herr Petz,
danke für diese Frage nach Problemen, die mir sehr am Herzen liegen.
Gegen den Vertrag von Lissabon hat die ÖDP drei Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dort wurden alle Klagen, auch die von anderen Personen, gemeinsam behandelt. Gemeinsam mit den übrigen Klägern haben wir erreicht, dass der deutsche Vertreter im Ministerrat bei den meisten Fragen nur so abstimmen darf, wie es der Bundestag beschlossen hat. Das ist ein großer Fortschritt, denn vorher waren die Minister nur ihrer Regierung verantwortlich. Leider ist das in einigen Fachbereichen heute noch so, wie bei der Gentechnik im Essen: Hier hat sich erst kürzlich wieder Frau Aigner der Stimme enthalten und damit die Einfuhr weiterer gentechnisch veränderter Futtermittel ermöglicht, obwohl dies von 80% der Bevölkerung und auch von ihrer eigenen Partei abgelehnt wird.
Keinen Erfolg hatten wir leider gegen die Bestimmung, dass die EU jederzeit militärische "Missionen" im "Dienste ihrer Interessen" (Art. 42 Abs.5 EUV) machen kann. Das Gericht hat die Diskussion hierüber unterbunden.
Gegen den Euro-Stabilisierungsmechanismus ESM und den Fiskalpakt habe nicht ich persönlich geklagt, sondern die ÖDP zusammen mit anderen Gruppierungen. Ich muss aber zugeben, dass ich mit der Klage nicht zufrieden war, obwohl sie von sehr prominenten Anwälten formuliert wurde. Das habe ich leider zu spät realisiert.
Mit der Petition gegen den Solidaritätspakt wollte der jetzige ÖDP-Vorstand erst dann an die breite Öffentlichkeit gehen, wenn die Antwort des EU-Parlaments vorliegt, um darauf angemessen reagieren zu können. Aber der Petitionsausschuss des Parlaments scheint seit mehreren Monaten im Urlaub zu sein. Sie haben Recht: Wir müssen handeln und dürfen nicht warten, bis alles entschieden ist. So können wir nicht abwarten, was das Parlament dazu sagt, obwohl das eigentlich ein höflicher Umgang miteinander verlangen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Buchner