Welche Priorität hat das Thema Geschlechtergerechtigkeit für Sie in Deutschland aktuell?

Sehr geehrter Herr S.,.
vielen Dank für Ihre Frage, die ich hiermit gerne beantworte:
Geschlechtergerechtigkeit hat für mich höchste Priorität, weil sie der Schlüssel zu einer faireren, solidarischeren und nachhaltigeren Gesellschaft ist. Sie geht weit über die bloße Gleichstellung von Männern und Frauen hinaus und bedeutet, dass niemand aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Identität, kultureller oder nationaler Zugehörigkeit oder religiöser Überzeugung benachteiligt wird. Volt setzt sich für die vollständige Gleichstellung aller Menschen ein und fordert, jede Form von Diskriminierung zu beenden und allen gleiche Chancen zu bieten.
In Deutschland existiert zwar eine rechtliche Gleichstellung, aber in der gesellschaftlichen Realität bestehen weiterhin strukturelle Benachteiligungen. Frauen leisten nach wie vor den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit, verdienen im Durchschnitt weniger als Männer und sind in Führungspositionen unterrepräsentiert. Gleichzeitig wird immer noch erwartet, dass sie sich selbst für ihre Rechte einsetzen, anstatt dass diejenigen mit mehr Ressourcen Verantwortung übernehmen. Doch Gerechtigkeit ist keine Aufgabe der Benachteiligten allein – sie ist eine Verantwortung der gesamten Gesellschaft, insbesondere jener, die über Privilegien verfügen.
Für mich bedeutet echte Gerechtigkeit auch, dass Menschen nicht auf Geschlechterrollen reduziert werden. Eine durchsetzungsstarke Frau sollte nicht als „zu aggressiv“ gelten, ein empathischer Mann nicht als vermeintlich „schwach“. Jeder Mensch sollte in seiner Individualität wahrgenommen werden, ohne dass sein Geschlecht, seine Herkunft oder andere äußere Merkmale über seine Chancen und seine gesellschaftliche Anerkennung entscheiden. Ebenso wenig sollten Menschen mit Behinderung oder mit Migrationshintergrund dauerhaft mit unsichtbaren Barrieren kämpfen müssen. Volt verfolgt deshalb eine Politik der sozialen Gleichberechtigung, die Armut konsequent abbauen, Integration und gesellschaftliche Teilhabe für alle sicherstellen sowie Diskriminierung in all ihren Formen bekämpfen soll.
Um echte Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen, brauchen wir strukturelle Veränderungen: Volt fordert die Einführung eines EU-weiten Antidiskriminierungsgesetzes, das den bestehenden Schutz im Bereich der Beschäftigung auf andere Lebensbereiche wie soziale Sicherheit, Bildung und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen ausweitet. Besonders wichtig ist die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in allen Mitgliedstaaten. Darüber hinaus setzt sich Volt für gleiche Chancen für Frauen in Politik, Beruf und Alltag ein – denn nur wenn alle Menschen uneingeschränkt Zugang zu Bildung, Karriere und gesellschaftlicher Teilhabe haben, kann von echter Gleichstellung die Rede sein.
Doch Gerechtigkeit endet nicht beim Menschen. Sie betrifft auch unsere Umwelt, unsere Ressourcen und unseren Umgang mit der Natur. Diejenigen, die heute die größten Privilegien genießen, tragen oft am meisten zur Umweltzerstörung bei, während diejenigen, die ohnehin wenig besitzen, am stärksten unter den Folgen der Klimakrise leiden. Wahre Gerechtigkeit bedeutet, nicht nur marginalisierte Gruppen zu unterstützen, sondern auch unsere Umwelt und die Erde als Ganzes in den Blick zu nehmen.
Kurz gesagt: Geschlechtergerechtigkeit ist keine Randfrage, sondern eine Grundvoraussetzung für eine gerechte, zukunftsfähige Gesellschaft. Sie bedeutet, dass jeder Mensch unabhängig von äußeren Merkmalen die gleichen Chancen erhält – und dass jene, die mehr Ressourcen haben, Verantwortung für diejenigen übernehmen, die mit gesellschaftlichen Hürden kämpfen. Wenn wir wirklich eine gerechtere Welt schaffen wollen, müssen wir den Blick für strukturelle Ungleichheiten schärfen, sie abbauen und gemeinsam eine Gesellschaft aufbauen, in der Diversität und Gleichberechtigung nicht nur Schlagworte sind, sondern gelebte Realität.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Klaudia Grote
Volt-Direktkandidatin Wahlkreis Köln II