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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Fabian H. •

Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Fabian H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,

in den nächsten Monaten wird im Bundestag über den Gesetzentwurf zur Neufassung des Transplantationsgesetzes debattiert werden. Ein Aspekt bei Organtransplantationen bewegt mich sehr und ich möchte gerne wissen, inwiefern dieser Aspekt in Ihrer Befassung mit dem Thema eine Rolle spielen wird.

Es geht um Organhandel unter Mitwirkung deutscher Staatsbürger und Menschenrechtsverstöße durch die Volksrepublik China. Falun Gong Praktizierende berichten von Organentnahmen auf Verlangen an in China inhaftierten politischen Gefangenen, darunter Falun Gong Praktizierende, Uiguren, Christen und andere Minderheiten - auch für Patienten aus Deutschland mit Hilfe deutscher Ärzte. Die Menschenrechtsanwälte und China-Analytiker Kilgour, Matas und Gutmann untersuchten die Vorwürfe und kamen zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Indizien die Vorwürfe erhärten und mögliche entlastende Umstände nicht gefunden werden konnten. Die letzte Aktualisierung des Berichts ist von 2018: https://www.chinaorganharvest.org/download-materials/ . Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat darüber geschrieben (Ausarbeitung des WD 7-3000-023/17, Kapitel 3.1 "China" https://www.bundestag.de/resource/blob/559594/572de8efca505199d1d72379ae77dfff/wd-7-023-17-pdf-data.pdf ) und am 8.11.2018 wurde es
im Plenum des Bundestags thematisiert.

Ich finde, das deutsche Transplantationswesen darf nicht reformiert werden, ohne diesem schreienden Unrecht zu begegnen. Es muss unter Strafe gestellt werden, in China Organstransplantationen zu erhalten. Gegen deutsche Ärzte, die in chinesischen Kliniken Transplantationen durchführen, muss ermittelt werden. Das Übereinkommen des Europarats gegen den Handel mit menschlichen Organen (SEV Nr. 216) muss von Deutschland ratifiziert werden.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, den Gesetzentwurf zum Transplantationswesen in der parlamentarischen Behandlung so zu ändern, dass dieser Menschenrechtsaspekt angemessene Berücksichtigung findet?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr H.,

selbstverständlich ist bereits heute illegaler Organhandel und Menschenhandel zum Zwecke rechtswidriger Organentnahmen in Deutschland strafbar und mit erheblichen Freiheitsstrafen bewehrt. Dies gilt auch für die an einer solchen Transplantation beteiligten Ärzt*innen und die jeweilige Organempfänger*in. Zudem gilt dies unabhängig davon, ob die Handlung im In- oder im Ausland begangen wird. Damit können diese Personen für diese Taten vor Gericht gestellt werden, sobald sie wieder nach Deutschland einreisen. Voraussetzung ist allerdings - wie bei allen Straftaten - eine entsprechende Beweislage. Wir erwarten von Ärztinnen und Ärzten, denen sich im Rahmen der Nachsorge der Verdacht eines Organhandels im Ausland stellt, dass sie dies auch anzeigen, und dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden in solchen Fällen konsequent ermitteln. Darüber hinaus erwarten wir, dass die Bundesregierung Menschenrechtsverstöße in China und anderswo thematisiert und in geeigneter Weise dagegen vorgeht.

Um Organhandel und Organspendeskandalen wie 2012 vorzubeugen, ist ein faires und transparentes Organspendesystem mit klaren Verantwortlichkeiten und Kontrollinstanzen notwendig. Das Vertrauen in das Organspendesystem ist das A und O um die Organspenderate in Deutschland zu verbessern.
Zusammen mit einer interfraktionellen Gruppe setze ich mich dafür ein, die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beizubehalten und zu stärken. Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein zentrales Element menschlicher Würde.

Eine Widerspruchsregelung, die davon ausgeht, dass einem Menschen Organe entnommen werden dürfen, wenn sie oder er nicht ausdrücklich widersprochen hat, führt in die falsche Richtung. Die Regelung weckt Ängste und senkt das Vertrauen in die Organspende. Für das Ziel, die Organspenderate zu erhöhen, kann die Widerspruchsregelung kontraproduktiv sein.

Statt Stillschweigen als eine Freigabe der eigenen Organe zu bewerten, ist es zielführender, eine stets widerrufbare Entscheidung klar zu registrieren, verbindliche Information und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern.

Dafür schlagen wir folgenden Maßnahmen vor:

*Wir wollen ein bundesweites Online-Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende errichten. Das Register umfasst die Erklärungen, wie sie bisher auch auf dem Organspendeausweis möglich sind: Zustimmung, Ablehnung, Ausschluss bzw. Auswahl bestimmter Organe und Gewebe sowie Übertragung der Entscheidung auf eine dritte Person. Wer sich nicht entscheidet, wird nicht registriert.

*Den Ausweisstellen werden verpflichtet, die Bürgerinnen und Bürger mit Informationsmaterialien zu versorgen und bei Abholung der Ausweispapiere zur Eintragung in das Organspende-Register aufzufordern. Die Eintragung der Entscheidung kann auch vor Ort – sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt – stattfinden. Dies gilt auch für Ausländerbehörden.

*Hausärzte und Hausärztinnen erfüllen eine Lotsenfunktion im Gesundheitswesen. Wir schlagen deshalb vor, dass sie ihre Patientinnen und Patienten regelmäßig über die Organspende beraten und sie zur Eintragung in das Register ermutigen. Dafür soll es eine extrabudgetäre Vergütung geben.

*Wir wollen außerdem den Bereich Organspende innerhalb der medizinischen Aus- und Weiterbildung stärken, um die Sensibilität des ärztlichen Nachwuchses für dieses Thema zu verbessern.

Das Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO) ist am 1. April 2019 in Kraft getreten und wird seine Wirkung erst noch entfalten. Es enthält viele begrüßenswerte Änderungen. Dazu gehören etwa die Stärkung der Transplantationsbeauftragten in den Kliniken und eine höhere Pauschale aller mit Organspenden entstehenden Kosten für die Entnahmekliniken. Der Gesetzentwurf setzt damit an den entscheidenden Punkten an, die für die im internationalen Vergleich geringe Zahl der Organspenden in Deutschland verantwortlich sind.

Neben dieser Novelle des Transplantationsgesetzes versprechen wir uns von der Vielzahl an Maßnahmen, wie wir sie neu einführen wollen, eine spürbare Steigerung der Organspenden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther

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