Frage an Kilian Kalinowsky von Hugo W. bezüglich Familie
Herr Kalinowski, was halten Sie von der gesetzlichen Verpflichtung zu Untersuchungen bei Kleinkindern? Wäre nicht eine Kampagne: Gemeinsam Essen (s. Hamburger Abendblatt v. 12.12.07) sinnvoller?
Es ist tragisch, dass in Deutschland etwa 100 Kindstötungen je Jahr geschehen. Aber ich halte es für illusorisch zu denken, durch die Schaffung neuer Paragrafen sei dieses Problem zu beseitigen. Oftmals schaffen neue Gesetze mehr Probleme als sie beseitigen und mit der Keule der Justitia wahllos zuzuschlagen ist selten ein kluger Schritt. Wenn der natürliche Schutzinstinkt einer Mutter gegenüber ihrem Kind nicht mehr intakt ist, dann beruht dies auf Ursachen, die durch eine neue Gesetzgebung nicht beseitigt werden können. Der Glaube an die Allmacht des Gesetzgebers ist trügerisch. Auch sollte man bedenken, in welchen Bereichen der Gesetzgeber aktiv werden sollte und welche Bereiche er unberührt lassen sollte. Für mich ist die intime Situation einer Familie nichts, was der Disposition des Gesetzgebers unterworfen sein sollte. Aber lassen Sie uns konkret werden. Es geht zunächst um die Pflicht zu Vorsorgeuntersuchungen, die Kindesmisshandlungen verhindern sollen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Mensch, der im Begriff ist seine Kinder zu schlagen, dies deswegen unterlassen wird, weil ihm plötzlich der Gedanke an Vorsorgeuntersuchungen kommt und er Angst hat, sein Handeln könne entdeckt werden. Auch sehe ich viele Möglichkeiten, den Zweck einer solchen Untersuchung zu umgehen. Wenn man einem Kind eine Ohrfeige gibt, stellt dies besonders psychologisch eine große Verletzung für das Kind da. Ein paar Tage später dürften die körperlichen Anzeichen einer solchen Misshandlung nicht mehr sichtbar sein. Eine Pflicht zu Vorsorgeuntersuchungen halte ich für verfehlt.
Den Vorschlag, den Kindesschutz ins Grundgesetz zu schreiben halte ich für populistisch, aber nicht für zweckdienlich. Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes Garantiert die Würde des Menschen. Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 garantiert das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Diese Grundrechte gelten natürlich auch für Kinder. Trotzdem haben wir das Problem misshandelter und getöteter Kinder. Dieses Problem wird durch einen neuen Satz im Grundgesetz nicht abgeschafft. Ich halte es für sinnvoller, überforderten Familien Stützen und Hilfen anzubieten. Einrichtungen wie die oftmals kritisierte Babyklappe für den schlimmsten aller Fälle, bringen wohl mehr, als eine Fliegenklatsche neuer Gesetze. In diesem familiären Bereich sollte der Staat mehr anbieten, weniger vorschreiben und verbieten. Bestehenden Institutionen, die sich dem Kindeswohl verschrieben haben, mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen hilft den Familien mehr, als mehr Paragrafen!