Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Michael M. •

Frage an Kerstin Griese von Michael M. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Griese,

mit größter Sorge beobachte ich im Moment die Diskussionen und Gesetzesvorschläge der Bundesregierung zum Thema: Computerspiele mit Gewalteinfluß.
Spiele automatisch, ohne richtige Prüfung der USK bzw. BPjM verbieten zu lassen, halte ich für den eindeutig falschen Weg.
Bereits jetzt haben wir in Deutschland das weltweit strengste Jugendschutzsystem für Computerspiele und Medien.
Computerspiele als Grund für Gewalt zu nennen, ist darüberhinaus eine Behauptung ohne Hand und Fuß. Sogar Studien beweisen, dass Computerspiele nicht der Grund für Gewalt unter Jugendlichen sind.
Wenn man so argumentiert, müsste man im gleichen Atemzug auch eine Vielzahl von Büchern und Filmen verbieten, doch darüber wird nicht einmal im Ansatz nachgedacht.
Mich wundert es außerdem, wie so manche Politiker, die zugeben, noch nie ein Computerspiel gespielt zu haben, alles über dieses Thema wissen wollen.
Wenn man einem Spieler nur beim spielen zusieht, mögen manche Spiele ja gewaltverherrlichend aussehen. Wenn man jedoch spielt, geht es nicht darum, möglichst viele "unschuldige Opfer abzuknallen", sondern darum, weiter zu kommen. Man denkt gar nicht über irgendwas in der Form von: "Komm noch mehr töten!" nach, sondern verfolgt sein Ziel, den Auftrag, den man am Levelanfang erhält.
Darüberhinaus sind auch andere Behauptungen von Politikern völlig unangebracht und lächerlich. Beispielsweise, wenn behauptet wird, dass man durch PC-Spiele lernt, wie man mit Waffen umgeht.
Es ist ein Unterschied ob man am PC auf der Tastatur die "R" Taste zum Nachladen, und die Maus zum schießen benutzt, oder ob man ein echtes Gewehr, mit echtem Magazin etc. in der Hand hält.
Außerdem fördert die Regierung die Spiele auf der einen Seite und kämpft im gleichen Atemzug gegen die gesamte Community.

Ich bitte Sie um eine Stellungnahme.

Mit freundlichem Gruß

Michael Mainka

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mainka,

ich trete dafür ein, die Diskussion über gewalthaltige Spiele sachlich und ohne populistische Zwischentöne zu führen. Klar ist, dass ein Computerspiel, in dem ich selbst zum Akteur werde und dessen Bildern ich mich nicht entziehen kann, eine andere Wirkung auf Jugendliche hat, als beispielsweise ein Buch. Unstreitig können Computerspiele in besonderem Maße süchtig machen und es gibt einen Zusammenhang mit schlechten Schulleistungen.

Tatsache ist, dass nur noch wenige Lobbyisten behaupten, brutale Spiele und Gewalt hingen überhaupt nicht miteinander zusammen. Tatsache ist aber auch: Zwischen Computerspielen und Gewalt gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang, denn selbstverständlich sind nicht alle Konsumenten von gewalttätigen Spielen gewalttätig.

Trotz statistischer Hinweise tut sich die Wissenschaft mit zweifelsfreien Belegen schwer. Unklar ist, wie sich Gewaltdarstellungen auf das Verhalten der Spieler in der Realität auswirken und ob bestimmte Spiele tatsächlich die Ursache von Aggressivität sind. Das Hamburger Hans-Bredow-Institut (HBI) kommt im Evaluationsbericht zum Jugendmedienschutz zu dem Ergebnis, dass die bisher vorgelegten Studien sehr uneindeutig, zum Teil sogar widersprüchlich sind. Hingegen heißt es, verschiedene Analysen hätten einen Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und abnehmender Empathie sowie unsozialem Verhalten nachgewiesen. Nahezu alle Studien bestätigen, dass die Spiele besonders bei denjenigen Jugendlichen, die ohnehin zu Gewalt neigen, zu gewalttätigem Verhalten führen können.

Dennoch ist es reiner Populismus, deshalb ein Verbot sämtlicher „Killerspiele“ zu fordern. Mit gutem Grund setzt unser Rechtssystem Eingriffen in die Kommunikations- und Kunstfreiheit enge Grenzen.

Der Jugendschutz muss durch eine Mischung aus Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen, gezielter Aufklärung und sinnvoller Altersbeschränkung deutlich machen, welche Grenzen und Werte in unserer Gesellschaft gültig sind. Er wird ständig Gegenstand der Diskussion sein, immer wieder muss nachjustiert werden, sowohl beim Vollzug als auch bei den Normen.

Ich finde es richtig, dass Medien – nicht nur Computerspiele – mit „besonders realistischen, grausamen und reißerischen Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt, die das Geschehen beherrschen,“ künftig auch ohne besondere Prüfung als indiziert gelten. Damit dürfen sie Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden und es gilt ein Werbeverbot. Darüber hinaus sollen Medien, in denen „Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder in denen Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahegelegt wird“ in Zukunft von der Bundesprüfstelle auf die Liste der jugendgefährdenden Medien gesetzt werden. Ich finde die Vorschläge dieses Gesetzentwurfes sehr gut abgewogen und sie finden meine Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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